Nahost:Israelische Soldaten greifen libanesisches Flüchtlingslager an

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Erstmals hat Israel ein Flüchtlingslager im Libanon beschossen. Dabei sind mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen.

Bei neuen israelischen Angriffen ist in der Nacht zum Mittwoch auch das größte palästinensische Flüchtlingslager im Libanon unter Beschuss gekommen. Libanesischen Behörden zufolge wurde dabei mindestens zwei Menschen getötet, drei weiter Personen wurden verletzt.

Bewohner des Flüchtlingslagers Ain Heloue nach dem Bombardement (Foto: Foto: AFP)

Nach Angaben der libanesischen Polizei beschoss die Marine das Lager Ain Heloue in der Nähe der Hafenstadt Sidon, in dem etwa 50.000 Flüchtlinge leben. Unter den 15 Verletzten seien mindestens fünf Kinder. Das Lager am Stadtrand von Sidon ist das größte von zwölf palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon.

Das bombardierte Haus in dem Flüchtlingslager grenzte nach palästinensischen Angaben an ein Zentrum, das dem radikalen Führer der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Munir Makdah, untersteht. Auch dieses Gebäude sei beschädigt worden.

Nach libanesischen Angaben wurden die Geschosse von einem israelischen Schnellboot vor der Mittelmeerküste abgefeuert. Die israelischen Streitkräfte erklärten dagegen, der Angriff sei von der Luftwaffe ausgeführt worden und nicht von der Marine. Ziel des Beschusses sei das Haus eines Hisbollah-Kämpfers gewesen. Es war das erste Mal seit Beginn der Kämpfe im Libanon am 12. Juli, dass Israel gegen ein dortiges palästinensisches Lager vorging.

Unterdessen stieg die Zahl der Opfer israelischer Luftangriffe im Libanon weiter an. Nach der Bombardierung des Beiruter Stadtteils Tschiah wurden bis Dienstagabend 30 Leichen aus den Trümmern geborgen. Damit war dieser Angriff vom Montagabend der bislang folgenschwerste für die libanesische Zivilbevölkerung. Ein Angriff in der südlibanesischen Ortschaft Kana, bei dem am 30. Juli 28 Menschen getötet wurden, hatte internationale Kritik an der Libanon-Offensive ausgelöst.

Die Gesamtzahl der Toten vom Montag wurde mit 77 angegeben - die höchste Zahl seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen. Am Dienstag kamen nach libanesischen Angaben mindestens 47 weitere Zivilpersonen ums Leben. In der Nacht zum Mittwoch wurden abermals Dörfer im südlibanesischen Grenzgebiet sowie im nordöstlichen Bekaa-Tal bombardiert. Dabei wurden nach Angaben aus Beiruter Sicherheitskreisen zwei libanesische Soldaten verletzt.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, er wolle sich bei seinem Besuch in Israel für eine Verbesserung der humanitären Lage im Libanon einsetzen. "Das Leiden unschuldiger Menschen auf beiden Seiten, sowohl im Libanon wie in Israel, muss ein Ende finden", sagte Steinmeier am Dienstagabend in den ARD-Tagesthemen.

Seine Mission sei Teil der internationalen Bemühungen, auf diplomatischem Wege eine Waffenruhe herbeizuführen. Mit Blick auf die erwartete Resolution des UN-Sicherheitsrats sprach Steinmeier von einer "ganz entscheidenden Woche", die einen ersten Schritt zu einer Lösung bringen könnte. Aber: "Eine solche Lösung kann nur funktionieren, wenn sie auch auf Akzeptanz in der Region stößt. Deshalb werben wir hier um Zustimmung sowohl der libanesischen Regierung wie der israelischen Regierung."

Die Akzeptanz des vorliegenden Resolutionsentwurfs stand zunächst allerdings noch offen. Hauptstreitpunkt war die von arabischer Seite vorgetragene Forderung nach dem Abzug aller israelischer Soldaten aus dem Libanon, wie aus UN-Kreisen verlautete. Zu Beratungen über den Text der Entschließung traf am Dienstagabend eine Delegation der Arabischen Liga in New York ein.

Liga-Generalsekretär Amr Mussa sowie die Außenminister von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten wollen bei den Verhandlungen die Interessen des Libanons vertreten. Nach den Beratungen mit der Delegation wollten die USA und Frankreich eine neue Vorlage erarbeiten und dem UN-Sicherheitsrat vorlegen. Ein Abstimmung wird wahrscheinlich nicht vor Donnerstag stattfinden.

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