Nahost-Einsatz der Bundeswehr:FDP: Regierung hat das Parlament getäuscht

Nach dem Vorfall vor der Küste Libanons wird due Bundesregierung scharf kritisiert. In dem Streit zwischen FDP und Regierung geht es um Unklarheiten über die Einsatzregeln für den UN-Marineverband, der unter deutscher Führung und maßgeblicher deutscher Beteiligung vor dem Libanon Waffenschmuggel zugunsten der islamistischen Hisbollah unterbinden soll.

Peter Blechschmidt

Die Grundlagen für den Einsatz des deutschen Marineverbands vor der Küste des Libanon seien nachträglich geändert worden, sagte die FDP-Politikerin Birgit Homburger am Freitag nach einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses.

Birgit Homburger, FDP, Kritik an Regierung

Birgit Homburger (FDP).

(Foto: Foto: AP)

Zuvor hatte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg erklärt, der Vorwurf der Täuschung sei an Absurdität nicht zu überbieten. Unterdessen stellte sich heraus, dass es in dieser Woche mindestens zwei heikle Situationen zwischen dem UN-Marineverband und der israelischen Luftwaffe gegeben hat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsminister Franz Josef Jung hatten vor der Entscheidung über das Libanon-Mandat im Bundestag am 20. September mehrmals versichert, der Einsatz unterliege keinen Beschränkungen durch die libanesische Regierung.

Nur auf Anforderung

Demgegenüber wurde am Mittwoch durch einen Bericht des Verteidigungsministeriums an den Verteidigungsausschuss des Bundestags bekannt, dass der UN-Verband in einer Sechs-Meilen-Zone vor der Küste nur auf Anforderung der Regierung in Beirut agieren dürfe.

Nach einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses, die am Freitagmittag auf Antrag der FDP kurzfristig einberufen worden war, bestätigte Jung, dass in einem abschließenden Protokoll vom 12.Oktober zwischen den UN und der libanesischen Regierung über die Einsatzregeln die Anforderung einer Operation festgelegt sei.

Dies sei jedoch nur eine von drei möglichen Voraussetzungen für die Operationen der UN-Schiffe innerhalb der Sechs-Meilen-Zone. Keine Anforderung sei notwendig, wenn ein Schiff der Vereinten Nationen die "Nacheile" eines bereits außerhalb dieser Zone verfolgten Schiffes fortsetzen wolle oder wenn ein dringender Verdacht ein sofortiges Eingreifen erfordere.

"Unnötiger Theaterdonner"

Bisher verlaufe die Zusammenarbeit mit den libanesischen Behörden und deren Verbindungsoffizier, der auf dem Flaggschiff des Verbandes, der deutschen Fregatte Mecklenburg-Vorpommern mitfährt, reibungslos, sagte Jung weiter.

Für Diskussionen über die Effizienz des Einsatzes gebe es also keinen Anlass. Jung betonte, dass der Einsatz der Marine der Unterstützung des Libanon diene und sie deshalb nicht wie eine Besatzungstruppe agieren dürfe. Die Souveränität des Libanon müsse gewahrt bleiben.

Demgegenüber erklärte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Homburger, die Widersprüche seien auch nach der Sitzung nicht ausgeräumt.

Bei der Verabschiedung des Mandats im Bundestag habe man gewusst, dass noch Details offen seien. Die Nachverhandlungen hätten jedoch nicht zu einer Änderung der Mandatsgrundlagen führen dürfen. Der Bundestag sei von der Regierung "getäuscht" worden.

Union und SPD hingegen zeigten sich mit der Information durch die Regierung voll und ganz zufrieden. Der CDU-Abgeordnete Bernd Siebert sprach von "unnötigem Theaterdonner", sein SPD-Kollege Rainer Arnold verwies darauf, dass es bei der schnellen Verabschiedung des Mandats im September darum gegangen sei, die Voraussetzung für einen Waffenstillstand zu schaffen.

Der Grüne Winfried Nachtwei sagte, Zweifel an der uneingeschränkten Operationsmöglichkeit der Marine seien ausgeräumt. Lediglich der Linke Paul Schäfer sagte, es bleibe ein fader Beigeschmack.

Telefonische Klärung

Unterdessen wurde bekannt, dass es in dieser Woche mindestens zwei Interventionen der israelischen Luftwaffe gegen deutsche Einheiten gegeben hat.

In dem einen Fall hatten, wie berichtet, israelische Kampfflugzeuge 50 Seemeilen vor der libanesischen Küste über dem deutschen Aufklärungsschiff Alster, das nicht zum offiziellen UN-Verband gehört, zwei Schüsse aus Bordkanonen abgegeben.

Etwa 70 Kilometer davon entfernt näherten sich israelische Jets dem Hubschrauber des deutschen Kommandeurs der UN-Schiffe, Admiral Andreas Krause. Krause war nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Berlin auf dem Weg zum UN-Hauptquartier auf dem libanesischen Festland.

Der Flug sei ordnungsgemäß deklariert gewesen und habe in dem festgelegten Flugkorridor stattgefunden, sagte ein Sprecher. Die israelische Regierung hatte vor zwei Tagen erklärt, man habe einen nicht angemeldeten Hubschrauber identifizieren wollen.

Verteidigungsminister Jung erklärte am Freitag, er habe das Geschehen mit seinem israelischen Kollegen Amir Peretz in einem Telefonat geklärt. Es sei Vorsorge getroffen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholten.

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