Nahost:Der schwerste Deal

Nun will US-Präsident Donald Trump versuchen, die starren Fronten zwischen Israelis und Palästinensern aufzubrechen. Allerdings will er einen Friedensschluss dem freien Spiel der Kräfte überlassen und keine Vorgaben machen. Das wird nicht funktionieren.

Von Peter Münch

Neue Besen kehren bekanntlich gut, und dabei ist es gewiss kein Nachteil, wenn sie besonders kratzbürstig sind. Aufs wahre Leben oder auch nur auf die Politik übertragen, könnte das bedeuten, dass US-Präsident Donald Trump womöglich genau der Richtige ist, um die Fronten im Nahostkonflikt aufzubrechen. Mit Streicheldiplomatie - das wird der frühere US-Außenminister John Kerry gern bestätigen - ist hier noch niemand weitergekommen.

Trump immerhin hat seinen Willen zum "ultimate deal", zum endgültigen Friedensschluss zwischen Israelis und Palästinensern, inzwischen oft genug bekräftigt, und oft genug hat er auch beide Seiten aufgeschreckt. Nun lässt er Taten folgen und schickt seinen Gesandten Jason Greenblatt auf eine erste Pendelmission zwischen Jerusalem und Ramallah. Eines also ist klar: Es beginnt etwas Neues in Nahost.

Aus dem Trump-typischen Wust von Ideen, Versprechungen und Drohungen lassen sich zwei Grundlinien herausdestillieren. Zum einen will die neue US-Regierung im Friedensprozess einen regionalen Ansatz verfolgen. Das heißt: Israel bekäme als Ausgleich für die Rückgabe des besetzten Landes nicht nur Frieden mit den Palästinensern, sondern als Paketlösung auch einen Frieden mit weiten Teilen der arabischen Welt. Zum Zweiten will Trump eine Einigung zwischen den Kontrahenten keinesfalls vorgeben, sondern allein ihnen überlassen. Kann das funktionieren?

Ohne ein Machtwort Trumps kann es keinen Frieden geben

Zunächst zum regionalen Ansatz: Neu ist die Idee nicht, auch das könnte Kerry bestätigen. Sie greift zurück auf die sogenannte Saudische Friedensinitiative, die schon 2002 von der Arabischen Liga angenommen worden war. Neu ist höchstens, dass nun ein weiteres Interesse die arabisch-sunnitischen Staaten mit Israel verbindet: die Eindämmung des schiitischen Iran. Doch ob aus der gemeinsamen Feindschaft gegenüber den Mullahs ein breit angelegter Friedensschluss erwächst, ist fraglich. Schließlich hätte Israels Premier Benjamin Netanjahu, der sich nun neben Trump als großer Verfechter des regionalen Ansatzes zeigt, eine solche Lösung längst verfolgen können - aber er wollte nicht. Und am Ende wird es auch den arabischen Potentaten vor allem darauf ankommen, welche Konzessionen Israel gegenüber den Palästinensern macht.

Das führt direkt zum zweiten Teil des Trumpschen Ansatzes: Er will den Friedensschluss dem freien Spiel der Kräfte überlassen und keinerlei Vorgaben machen. Er geht dabei so weit, sogar das einzig vorliegende Lösungskonzept, die Zwei-Staaten-Lösung, öffentlich infrage zu stellen. So hängt alles von der Kompromissbereitschaft der beiden Kontrahenten ab - und damit hängt alles in der Luft.

Denn beide Protagonisten - Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas - wollen nicht nur keine Kompromisse machen. Sie können es auch nicht. Abbas ist mittlerweile so schwach, dass ihn jedes Zugeständnis gegenüber Israel den Kopf kosten könnte. Die radikale Konkurrenz von der Hamas würde ihn dann flugs zum Verräter stempeln. Auch Netanjahu dürfte einen Friedensschluss politisch kaum überleben. Große Teile seiner rechten Koalition und auch seiner eigenen Likud-Partei würden den Handel "Land gegen Frieden" niemals mittragen.

Ohne ein Machtwort aus Washington wird sich also keine Seite bewegen. Natürlich ist es nicht auszuschließen, dass Trump irgendwann die Initiative an sich reißt. Wahrscheinlich hätte er dann sogar bessere Erfolgschancen als sein Vorgänger Barack Obama, weil Israels Regierung weniger Widerstand wagen würde. Noch viel wahrscheinlicher ist aber, dass Trump schnell das Interesse verliert am nahöstlichen Geschehen. Denn andernorts sind "deals" bestimmt leichter zu haben.

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