Nächstes Reformprojekt der Großen Koalition:Pflegeversicherung soll teurer werden

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Für die stetig steigenden Pflegekosten sucht die Koalition nun eine Lösung. Ein Vorschlag kommt aus dem bayerischen Sozialministerium: eine Pflicht-Zusatzprämie von sechs Euro im Monat. Kritik kommt von der SPD.

Die SPD-Fraktionsvize Elke Ferner kritisierte den Vorstoß aus Bayern scharf. "Das macht keinen Sinn und belastet die unteren Einkommensgruppen", sagte sie.

Pflege von alten und bedürftigen Menschen nimmt stetig zu (Foto: Foto: dpa)

Außerdem käme kaum ausreichend Geld zusammen, um die Pflegeversicherung zu sanieren. Ferner forderte deshalb, den Beitrag der Pflegeversicherung von 1,7 Prozent des Bruttolohns leicht anzuheben und die Privatversicherer zu beteiligen.

Zuvor hatte die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU) ein Konzept zur Pflegereform vorgestellt. Danach sollen alle 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung zusätzlich zum Pflegebeitrag eine Pauschalprämie von monatlich sechs Euro zahlen. Der Beitrag soll jedes Jahr um einen Euro steigen, wobei auch über 60-Jährige den Obolus zahlen sollen.

Dadurch soll eine Rücklage entstehen, um steigende Kosten zu finanzieren. Kritiker verweisen auf die geringen Summen, die dabei zustande kämen. Nach Berechnungen der Süddeutschen Zeitung würde ein Bürger nach 20 Jahren durch das Unionskonzept bei einem Zins von drei Prozent nur etwa 4700 Euro angespart haben.

Neben der Zusatzprämie will Stewens noch die Sätze für die Pflegestufen I und II in den Heimen absenken und den Leistungen der ambulanten Pflegedienste angleichen. Dadurch sollen mehr Menschen daheim gepflegt werden.

Der Satz für die Stufe III soll leicht steigen. Schließlich will sie Demenzkranke besser versorgen und den Pflegebegriff neu formulieren. Bislang untersuchen Experten bei der Pflegebedürftigkeit nur, wie stark ein Mensch körperlich behindert ist. Ein verwirrter Alter, für den ein Pfleger viel Zeit benötigt, erhält kaum Geld.

Laut Stewens ist das Konzept mit den Unionsländern abgestimmt. Aus einzelnen Ländern wurde aber vorsichtige Distanz laut. Stewens habe ihr Modell nicht abgesprochen, hieß es in Hessen.

Ein Sprecher der niedersächsischen Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann sagte, es gebe keinen Beschluss der Länder dazu. Es sei auch viel zu früh, über neue Mehrbelastungen der Bürger zu reden.

Ähnlich äußerte sich der Pflegeexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Willi Zylajew. "Wir sollten uns jetzt nicht auf einen bestimmten Euro-Betrag festlegen", sagte er. Es müsse über weitere Finanzierungswege nachgedacht werden. "Das bayerische Modell reicht allein nicht aus."

Ähnlich äußerte sich der CDU-Sozialexperte Jens Spahn. "Wer die Pflegeversicherung ausweiten und einen Kapitalstock einführen will, kommt mit sechs Euro sicher nicht aus."

Beide kritisierten zudem die SPD-Pläne, die Privatversicherer bei der Pflegereform einzubeziehen. Spahn sprach von einem "pervertierten Gedanken", da die Privaten bereits Rücklagen aufgebaut haben.

Bis zum Sommer will die Koalition ein Konzept zur Pflege vorlegen. Dazu sollen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Verbraucherminister Horst Seehofer und Familienministerin Ursula von der Leyen einen Vorschlag ausarbeiten.

Nach SZ-Informationen sieht Seehofer die Länderpläne skeptisch, er wollte dies aber öffentlich nicht bestätigen. Er sagte, dass "in aller Ruhe an einer Konsenslösung" gearbeitet werde. Man wolle dafür sorgen, dass sich Kommunikationspannen wie bei der Gesundheitsreform nicht wiederholten.

© SZ vom 20.03.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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