Nachruf:Im Auge des Falken

Former U.S. National Security Advisor, Zbigniew Brzezinski, speaks at a forum hosted by the Center for Strategic and International Studies in Washington

1928 in Warschau geboren, diente er mehreren US-Präsidenten.

(Foto: Joshua Roberts/Reuters)

1928 in Warschau geboren, diente er dem Demokraten Jimmy Carter. Nun ist der ehemalige amerikanische Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski gestorben.

Von Stefan Kornelius

Am außenpolitischen Firmament der USA gibt es nur ein paar Fixsterne, die für die Langzeit-Orientierung in der Geopolitik sorgen. Zbigniew Brzezinski war einer davon, Sicherheitsberater unter Präsident Jimmy Carter, einflussreicher Ratgeber vieler Präsidenten, Buchautor, Großstratege. Jetzt ist er im Alter von 89 Jahren gestorben, eine polarisierende Figur mit eisenfestem Willen und unerschütterlichen Überzeugungen, zuletzt freilich eher milde und mahnend gestimmt.

Brzezinski, dessen Name genauso schwer auszusprechen wie zu schreiben ist, wurde 1928 in Warschau als Diplomatensohn geboren. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war die Familie in Kanada stationiert und kehrte nicht mehr nach Polen zurück. Der sowjetische Machtanspruch, der epische Kampf der Blöcke im Kalten Krieg bestimmte Brzezinskis Weltsicht. Für die Polen war er wie Papst Johannes Paul II. Symbolfigur der Freiheit und der Selbstbestimmung.

Als wichtigster außenpolitischer Ratgeber von Carter bewirkte er die Aufnahme vollwertiger diplomatischer Beziehungen der USA zu China - auch mit dem Ziel weiterer Isolation der Sowjetunion. Den Einmarsch Moskaus 1979 in Afghanistan erwiderte er mit dem Aufbau militärischer Beziehungen zu den Mudschahedin, die Solidarność-Bewegung in Polen genoss seine frühe Unterstützung. Der sowjetische Expansionismus war sein Lebensthema, obgleich er sich im Alter zum klugen Analysten der russischen Politik und Interessen wandelte, der in historischen Linien von vielen Hundert Jahren zu denken pflegte. Iran sah er in den Moskauer Einflussbereich abdriften - eine Sorge, die ihn zur spektakulären Befreiungsaktion der 52 US-Diplomaten aus Teheraner Geiselhaft verleitete. Die Kommandoaktion scheiterte katastrophal.

Brzezinski machte sich viele Feinde mit seiner scharfen, schneidend analytischen Art, der zu folgen gleichwohl einen intellektuellen Genuss bedeutete. Vor drei Wochen noch nahm er an einem Treffen der Münchner Sicherheitskonferenz teil, gemeinsam mit seinem Alter Ego Henry Kissinger, aus dessen Schatten er nie treten konnte.

Zbig, wie ihn Vertraute nannten, warnte vor der Aufnahme der Ukraine in die Nato und stellte sich als einer der wenigen im US-Establishment gegen die Kriegspläne im Irak. Sein letzter Tweet galt dem amtierenden Präsidenten: "Ausgefeilte US-Führungsrolle ist Grundvoraussetzung einer stabilen Weltordnung. Ersteres haben wir nicht, Zweiteres wird immer schlimmer."

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