Nachruf:Früherer UN-Chef Butros-Ghali ist tot

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Der Ägypter Butros Butros-Ghali war von 1992 bis 1996 sechster Generalsekretär der UN - und der erste Afrikaner und Araber in dem Amt. (Foto: Patrick Lux/dpa)

Der ägyptische Staatsmann Butros Butros-Ghali stand den Vereinten Nationen in unruhigen Zeiten vor. In seine Amtszeit fiel etwa der Völkermord in Ruanda. Nun starb der Jurist und Diplomat mit 93 Jahren.

Von Paul-Anton Krüger

Butros Butros-Ghali war mit einer Friedensagenda angetreten, als er 1992 als erster Afrikaner und erster Araber zum Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt wurde. Doch die Amtszeit des ägyptischen Berufsdiplomaten kurz nach dem Ende des Kalten Krieges war geprägt von den blutigen Zerfallskriegen des ehemaligen Jugoslawien und dem Genozid in Ruanda, bei denen auch den UN Versagen angelastet wurde, ebenso wie im Bürgerkrieg in Angola. Butros-Ghali hatte auf eine neue Ära nach dem Ende des Ost-West-Konflikts gehofft, der die UN lange gelähmt hatte. Er wollte die überbordende Bürokratie der UN beschneiden, scheiterte daran aber ebenso wie mit seinem Appell an die Mitgliedstaaten, den UN genug Geld zu geben - auch für robustere Friedensmissionen.

Am 14. November 1922 hineingeboren in eine politisch aktive und äußerst wohlhabende koptische Familie in Kairo schloss er 1946 sein Jura-Studium in Kairo ab, um in Paris in internationalem Recht und internationalen Beziehungen zu promovieren. Neben einer akademischen Karriere verfolgte er eine politische, die ihn eng mit Anwar al-Sadat verband. Von den Siebzigerjahren an bekleidete er führende Rollen in der ägyptischen Diplomatie. Er gilt als einer der Architekten des Separatfriedens mit Israel, reiste mit Sadat nach Jerusalem und war im Weißen Haus, als dort der israelische Premier Menachem Begin, US-Präsident Jimmy Carter und Sadat das Camp-David-Abkommen unterschrieben.

Bei den UN geriet er in Konflikt mit der US-Regierung unter Präsident Bill Clinton; schon dessen Vorgänger George Bush hatte Zweifel an der Nominierung des Ägypters und daran, ob er als Verfechter eines eigenen palästinensischen Staates die nötige Neutralität besitzen würde. Mit dem neuen US-Außenminister Warren Christopher und dessen UN-Botschafterin und Nachfolgerin Madeleine Albright überwarf sich Butros-Ghali, der den Einfluss der USA bei den UN zurückdrängen wollte.

In seinen Memoiren klagte er, die Amerikaner hätten ihm vorschreiben wollen, wohin er reisen dürfe, wen er treffen könne, was er sagen solle. Und sie hätten sich Kritik an Clinton verbeten, den Butros-Ghali als dünnhäutig empfand. Die entscheidende Unterstützung Washingtons für besser ausgestattete Blauhelmmissionen blieb ihm so verwehrt. Eine zweite fünfjährige Amtszeit blockierten die USA im Sicherheitsrat letztlich per Veto. Am Dienstag ist Butros Butros-Ghali in einem Krankenhaus in Kairo gestorben. Er wurde 93 Jahre alt.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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