Nachfahren vertriebener Juden:Wiedergutmachung nach einem halben Jahrtausend

  • Die Nachfahren von Juden, die Ende des 15. Jahrhunderts aus Spanien vertrieben wurden, können ab Oktober die spanische Staatsbürgerschaft erhalten.
  • Der spanische Außenminister bezeichnete das Gesetz als "Wiedergutmachung einer historischen Schuld".
  • Die Zahl der spanisch-stämmigen Juden wird heute weltweit auf über 3,5 Millionen geschätzt.

"Wiedergutmachung einer historischen Schuld"

Mehr als 500 Jahre nach der Vertreibung der Juden aus Spanien können deren Nachfahren die spanische Staatsbürgerschaft erhalten. Dies sieht ein Gesetz vor, das am Donnerstag im Madrider Parlament in zweiter Lesung von allen Fraktionen gebilligt wurde. Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo sprach von der "Wiedergutmachung einer historischen Schuld".

Die Interessenten müssen bei der Beantragung spanischer Pässe nicht in Spanien leben. Sie müssen auch ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben, sondern können eine doppelte Staatsbürgerschaft bekommen. "Dies ist ein historischer Tag", sagte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinden in Spanien, Isaac Querub. Die für Donnerstagabend angesetzte Abstimmung im Parlament galt nur noch als eine Formsache.

Konversion oder Vertreibung

Spanien hatte unter der Herrschaft der "katholischen Könige" Isabella I. und Ferdinand II. die Juden 1492 vor die Wahl gestellt, zum katholischen Glauben überzutreten oder das Land zu verlassen. Zehntausende Sepharden, also Juden spanischer Abstammung, ließen sich in Nordafrika, auf dem Balkan - vor allem in Thessaloniki -, in Italien sowie in Amsterdam, Antwerpen oder Hamburg nieder. Viele von ihnen behielten über Generationen eine enge Bindung zur spanischen Kultur. Einige bewahrten gar die Schlüssel zu den Häusern auf, aus denen ihre Vorfahren vertrieben worden waren.

Die Zahl der Sepharden wird heute weltweit auf über 3,5 Millionen geschätzt. Wer einen spanischen Pass beantragen möchte, muss nachweisen, dass er zu dieser Gemeinschaft gehört und sich mit Spanien verbunden fühlt. Dies kann durch Bescheinigungen der jüdischen Gemeinden, durch spanische Sprachtests in den Niederlassungen des Cervantes-Kulturinstituts oder durch Kenntnisse der Sprache "Ladino" erbracht werden, die im Mittelalter von den Juden auf der Iberischen Halbinsel gesprochen wurde.

Neben der konservativen Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy billigten auch die anderen Fraktionen das Gesetz, das am 1. Oktober in Kraft treten wird. Politiker der Opposition bemängelten aber, dass die Antragsteller eine Gebühr von 100 Euro zahlen müssten und hohe bürokratische Hürden zu überwinden hätten.

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