Nach Urteil gegen Berlusconi:Italiens große Parteien vor dem Zerfall

Schockstarre in der Berlusconi-Partei PDL: Ein Italien ohne Silvio Berlusconi ist für viele unvorstellbar. Das Urteil gegen den Ex-Regierungschef bedroht nicht nur die Rechte. Auch die Sozialdemokraten sind in einem miserablen Zustand.

Ein Kommentar von Andrea Bachstein, Rom

Zumindest die politische Sommerpause dürfte das Kassationsgericht mit seinem Urteil gegen Silvio Berlusconi gerettet haben. Auch wenn das weder die Aufgabe noch die Absicht der höchsten Richter war - sie haben mit ihrer Entscheidung, den Fall teilweise an eine niedrigere Instanz zurückzuverweisen, der Regierung von Premierminister Enrico Letta voraussichtlich eine Atempause verschafft. Ob damit ihr Überleben gesichert ist, ist jedoch völlig offen.

Die Berlusconi-Partei ist im Augenblick von dem Urteil gegen ihren Übervater zu geschockt und perplex für einen sofortigen Aufstand, der die Regierung stürzen könnte. Und es fehlt ihr ein Kandidat, mit dem sie Neuwahlen riskieren könnte. Das Erdbeben kommt aber wohl noch. Denn das bevorstehende Ende der Ära Berlusconi kann zwei Parteien zerreißen - und damit jeder politischen Stabilität (und der Regierung) ein Ende machen.

Besonders kritisch ist die Lage derzeit bei der sozialdemokratischen PD, die in einem miserablen Zustand ist. Ein Teil ihrer Abgeordneten könnte der Moral Vorrang vor der Staatsräson geben wollen und die weitere Zusammenarbeit mit Berlusconis Partei verweigern. Berlusconis PDL wiederum, die die Koalitionsregierung in Rom mitträgt, muss sich endlich auf eine Zukunft ohne ihren Gründer einstellen. Gut möglich, dass sie sich dabei auflöst. Italien steht damit schon wieder ein bewegter Herbst bevor.

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