Nach Tod des Militärchefs:Neue Regierung für libysche Rebellen

Der Präsident des Übergangsrates will ein neues Kabinett zusammenzustellen. Die Aufständischen zeigen sich zuversichtlich, Gaddafi bald aus Tripolis vertreiben zu können und wollen dafür Gaddafis Geld und seine Flugzeuge. Die libysche Führung wirft der Nato erneut vor, viele Zivilisten getötet zu haben.

Der Präsident des Übergangsrates der Rebellen in Libyen, Mustafa Abdeldschalil, hat nach Angaben der Aufständischen seine Regierung entlassen. Das Exekutivbüro sei suspendiert worden, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur AFP. Abdeldschalil habe die Nummer zwei des Übergangsrats, Mahmud Dschibril, aufgefordert, ein neues Ministergremium zu bilden. Dschibril hat bei den Rebellen die Funktion eines Ministerpräsidenten inne.

Libyscher Rebellengeneral ermordet

Eine Woche nach seinem Tod will der Übergangsrat der Rebellen eine neue Regierung einsetzen: Ex-Militärchef Abdel Fatah Junes.

(Foto: dpa)

Das Exekutivbüro besteht aus etwa 15 Mitgliedern, die für die Verwaltung der von den Rebellen kontrollierten Gebiete im Osten Libyens zuständig sind. Die Entscheidung, die Regierung umzubilden, traf Abdeldschalil nur eine Woche nachdem der Militärchef der Rebellen, Abdel Fatah Jones, getötet worden war. Der Mord hatte zu Spekulationen über die Identität der Täter und die Spaltung der Rebellenbewegung geführt. Die Ermittlungen zum Tod Jones' dauern noch an.

Rebellen wollen Gaddafis Flugzeuge

Der Nationale Übergangsrat zeigt sich zuversichtlich, Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi bald aus der Hauptstadt Tripolis vertreiben zu können: "Heute stehen wir rund 60 bis 80 Kilometer vor Tripolis, die Front rückt vor. Es wird nicht lange dauern, bis Gaddafi fällt - er hat keinen Rückhalt mehr", sagte Mansour Saif al-Nasr, der neu ernannte ständige Vertreter des Rates in Frankreich. Al-Nasr forderte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa, dass die Bundesregierung Guthaben des Machthabers Gaddafi freigebe. Außerdem möchte der Übergangsrat von Deutschland beschlagnahmte Flugzeuge Gaddafis für humanitäre Zwecke einsetzen.

Neben Frankreich erhält auch Deutschland in den nächsten Tagen einen diplomatischen Vertreter aus den Reihen der Aufständischen: Ali Masdnah Alguetani werde in wenigen Tagen seine offizielle Funktion aufnehmen, sagte Al-Nasr an seinem ersten Arbeitstag in Paris.

Das französische Außenministerium teilte in Paris mit, dass die Europäische Union Sanktionen gegen zwei mit der Gaddafi-Regierung verwobene Unternehmen beschlossen habe. Dabei handele es sich um eine Ölfirma namens El Scharara und eine mit Verwaltungsfragen befasste Organisation.

Libyen beschuldigt Nato, 85 Zivilisten getötet zu haben

Die libysche Führung beschuldigte indes die NATO-Truppen, in einem Dorf im Westen des Landes 85 Zivilisten getötet zu haben. Der Ort Madscher südlich der Stadt Sliten sei am Montagabend aus der Luft getroffen worden, sagte ein Regierungssprecher. Dabei seien 33 Kinder, 32 Frauen und 20 Männer ums Leben gekommen. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder verkohlter Leichen von mindestens drei Kindern.

Ein Nato-Sprecher sagte, am Montagabend sei ein Ziel in Slitan angegriffen worden. Er wisse aber nicht, ob es sich dabei um den vom libyschen Fernsehen genannten Ort gehandelt habe. Die Nato könne die libyschen Angaben nicht bestätigen, gehe den Vorwürfen aber nach. Die Allianz unternehme anders als Gaddafi große Anstrengungen, um zivile Opfer zu vermeiden. Sollte es dennoch dazu gekommen sein, würde die Nato dies sehr bedauern.

Die NATO unterstützt die Aufständischen in Libyen im Kampf gegen die Herrschaft Gaddafis. Seit März fliegt sie Luftangriffe auf seine Truppen. Ein Mandat der Vereinten Nationen erlaubt den Einsatz, um die Zivilbevölkerung zu schützen.

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