Kompromiss im US-Haushaltsstreit:Obama drängt Republikaner zu rascher Zustimmung

Im US-Haushaltsstreit bahnt sich eine Lösung an: Der Senat stimmt nach wochenlangen Verhandlungen einem Kompromissvorschlag zu - allerdings erst nach Ablauf der Frist um Mitternacht. Jetzt macht US-Präsident Obama Druck auf das Repräsentantenhaus, in dem die Republikaner die Mehrheit haben.

Nach dem positiven Votum im Senat hat US-Präsident Barack Obama das Repräsentantenhaus zu einer raschen Zustimmung zum Haushaltskompromiss aufgefordert. Obama rief die Abgeordneten auf, das Gesetzesvorhaben ohne Verzögerung auf den Weg zu bringen.

"Während weder Demokraten noch Republikaner alles bekommen haben, was sie wollten, ist diese Übereinkunft das Richtige für unser Land, und das Repräsentantenhaus sollte sie ohne Aufschub verabschieden", erklärte Obama nach der positiven Abstimmung im Senat. Er räumte ein, es gebe noch mehr zu tun, um das Defizit zu senken und sagte seine Bereitschaft zu.

Der US-Senat hatte am frühen Dienstagmorgen (Ortszeit) den in zähen Verhandlungen erreichten Kompromiss im Haushaltsstreit mit überwältigender Mehrheit (89 zu 8) abgesegnet. Nachdem sich das Weiße Haus mit Spitzenpolitikern der Demokraten und Republikaner schon auf eine Einigung verständigt hatte, muss nun noch das republikanisch kontrollierte Repräsentantenhaus zustimmen.

Sturz von Fiskalklippe trotz Einigung

Die Abgeordneten werden dort heute frühestens um 18 Uhr MEZ zusammentreten. Möglich ist allerdings auch, dass Abstimmung erst am 2. oder 3. Januar stattfindet. Dies bedeutet, dass Präsident Barack Obama ein Kompromissgesetz keinesfalls vor dem späten 1. Januar unterschreiben könnte.

Weil die Einigung aber erst nach Ablauf der Frist um Mitternacht erzielt wurde, stürzt die weltgrößte Volkswirtschaft zunächst von der sogenannten Fiskalkippe - zumindest kurzfristig. Das heißt, zum Jahresbeginn treten zunächst umfangreiche Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in einem Gesamtumfang von 600 Milliarden Dollar zum Defizitabbau in Kraft.

Sie könnten dann aber durch eine rasche Einigung im Repräsentantenhaus frühzeitig genug rückgängig gemacht werden, um negative Auswirkungen auf die Wirtschaft zu verhindern. Experten befürchten, dass die Zwangsmaßnahmen die konsumabhängige amerikanische Wirtschaft in eine Rezession ziehen könnten. Da die Märkte an Neujahr geschlossen sind, dürften die Auswirkungen zunächst aber begrenzt bleiben.

Höhere Steuern ab 450.000 Dollar Jahreseinkommen

Der zwischen Vizepräsident Joe Biden und dem republikanischen Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, am Montagabend vereinbarte Kompromiss sieht unter anderem vor, Jahreseinkommen von mehr als 450.000 Dollar stärker zu besteuern. Dies dürfte jedoch auf den Widerstand vieler Republikaner stoßen.

Geplant wurde auch, gewisse Haushaltskürzungen zunächst um zwei Monate zu verschieben. Damit soll Zeit für ein durchdachtes Sparprogramm gewonnen werden. Die dadurch verlorenen Einsparungen sollen demnach je zur Hälfte durch andere Kürzungen und die Steuererhöhungen für die Reicheren wettgemacht werden.

Der Verhandlungsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, sagte kurz vor Mitternacht zu, über einen vom Senat verabschiedeten Gesetzestext zu beraten. Änderungsvorschläge könne er jedoch nicht ausschließen. Diese könnten den Prozess weiter verzögern, weil beide Kammern ein identisches Gesetz verabschieden müssen.

Demokraten kritisieren Obama

Demokraten beklagten, Präsident Barack Obama sei allzu sehr eingeknickt, als er zugestimmt habe, Steuererhöhungen auf Jahreseinkommen über 450.000 Dollar zu beschränken. Ursprünglich hatte er im Wahlkampf noch Abgabenerhöhungen für Einkommen ab 250.000 Dollar gefordert. Wenige Stunden vor Fristablauf hatte Obama die Chancen auf eine Beilegung der Haushaltskrise in letzter Minute als gut bezeichnet. Ein großer Wurf im Kampf gegen die horrende Staatsverschuldung sei allerdings bedauerlicherweise nicht möglich. "Nicht im Moment, nicht mit diesem Kongress", sagte Obama. Noch am Nachmittag (Ortszeit) hatte er beide Seiten eindringlich zu einem Kompromiss aufgerufen.

Die Verhandlungen ziehen sich seit Monaten hin. Während die Republikaner Ausgaben kürzen wollen, fordern die Demokraten höhere Steuern insbesondere für Spitzenverdiener. Da die Demokraten den Senat kontrollieren und die Republikaner das Repräsentantenhaus, müssen sich beide Parteien einigen. Sie stehen jedoch unter erheblichen Druck von Wählergruppen und Lobby-Verbänden.

Aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete, der Bund werde noch am Montag die Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen Dollar reißen. Das Ministerium leitete Notmaßnahmen ein, um eine drohende Ausgabensperre abzuwenden. Finanzminister Timothy Geithner erklärte in einem Schreiben an den Kongress, er werde wie in der vergangenen Woche dargelegt erste Investitionen aussetzen. Sein Plan sieht vor, die Zahlungsunfähigkeit der Regierung um zwei Monate hinauszuzögern. Die Schuldenobergrenze steht streng genommen nicht in direkter Verbindung zum Haushaltsstreit. Allerdings gehört sie inzwischen zur Verhandlungsmasse zwischen Republikanern und Demokraten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: