Nach 18 Jahren Haft:RAF-Terroristin Hogefeld kommt frei

Sie war Mitglied der dritten Generation der Rote-Armee-Fraktion, das Urteil für ihre Morde und Mordversuche lautete: "lebenslänglich". Jetzt kommt die Terroristin Birgit Hogefeld frei - ihre Reststrafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Sie habe sich "in deutlicher Form von der RAF losgesagt", begründet das Gericht seine Entscheidung.

Die ehemalige RAF-Terroristin Birgit Hogefeld kommt frei. Sie ist unter anderem wegen mehrfachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Nun wird die Reststrafe der 54-Jährigen zur Bewährung ausgesetzt.

Sie habe im Juni 18 Jahre ihrer Strafe verbüßt und werde im Laufe der kommenden Wochen aus dem Gefängnis entlassen, teilte das Oberlandesgericht Frankfurt mit. Das habe der zuständige 4. Strafsenat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Verurteilten beschlossen. Bereits seit 2009 ist sie Freigängerin im offenen Vollzug.

Das Gericht schreibt in seiner Mitteilung: Bei der Entscheidung sei berücksichtigt worden, "dass sich die Verurteilte in deutlicher Form von der RAF losgesagt und ihrerseits die persönliche Verantwortung für die von der damaligen RAF begangenen Straftaten übernommen hat".

Hogefeld war nach einer Schießerei im Juni 1993 in Bad Kleinen festgenommen worden. Dabei wurde ihr Begleiter erschossen, das RAF-Mitglied Wolfgang Grams. 1998 wurde Hogefeld unter anderem wegen mehrfachen Mordes und Mordversuches zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihr wurde die Beteiligung an Taten nachgewiesen, die sich vor allem gegen US-Soldaten in Deutschland richteten.

Erst im Mai 2010 hatte der damalige Bundespräsident Horst Köhler das zweite Gnadengesuch Hogefelds abgelehnt.

Dokumentation: Anschläge und Prozesse

Birgit Hogefeld gilt als eine der Leitfiguren der späten Rote-Armee-Fraktion (RAF). Eine Dokumentation der wichtigsten Stationen ihrer Zeit als RAF-Terroristin:

[]1984: Hogefeld geht in den Untergrund und wird Mitglied der linksterroristischen RAF.

[] 1985: Bei einem Bombenanschlag der RAF auf den US-Militärflughafen in Frankfurt sterben am 8. August zwei Menschen, 16 werden verletzt. Hogefeld soll den US-Soldaten Edward Pimental mit dem "Versprechen eines Liebesabenteuers" in einen Wald bei Wiesbaden gelockt haben. Der Soldat wird erschossen. Er musste sterben, weil das RAF-Kommando sich mit seinem Ausweis Zugang zur US-Airbase verschaffen wollte.

[]1988: Hogefeld wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Am 20. September verübt die RAF einen Mordanschlag auf den damaligen Finanzstaatssekretär und späteren Bundesbankpräsidenten Hans Tietmeyer und dessen Fahrer. Die beiden bleiben unverletzt. Hogefeld soll für den Anschlag ein Auto besorgt haben.

[] 1993: Die RAF verübt am 27. März einen Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt im hessischen Weiterstadt. Am 27. Juni wird Hogefeld auf dem Bahnhof im mecklenburgischen Bad Kleinen festgenommen. Ihr Komplize und Lebensgefährte Wolfgang Grams erschießt dabei den Polizisten Michael Newrzella und nimmt sich nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft anschließend das Leben. Hartnäckig hält sich die Darstellung, Grams sei von der Polizei erschossen worden.

[] 1996: Hogefeld wird am 5. November vom Oberlandesgericht Frankfurt wegen der Ermordung des US-Soldaten und des Anschlags auf den US-Militärflughafen zu lebenslanger Haft verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld wird festgestellt, damit ist eine Entlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen. Auch eine Beteiligung am versuchten Tietmeyer-Mord sowie am Weiterstadt-Anschlag wird ihr zur Last gelegt. Den letzten Anklagepunkt hebt der BGH im März 1998 wegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung auf.

[] 1998: Die RAF löst sich auf. Das OLG Frankfurt bestätigt am 29. Juni die lebenslange Haftstrafe sowie die besondere Schwere der Schuld Hogefelds bei den Anschlägen der RAF von 1985 und 1987 mit drei Todesopfern und vier lebensgefährlich Verletzten.

[] 1999: Das Urteil gegen Hogefeld wird am 19. Januar rechtskräftig. Eine Revision wird vom Bundesgerichtshof verworfen.

[] 2001: Hogefeld kommt erneut in die Schlagzeilen. Mitte Mai präsentiert das BKA eine neue Spur zum Mord an Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder am 1. April 1991. Ein Haar vom Tatort wurde mit einer DNS-Analyse Wolfgang Grams zugeordnet. Hogefeld gerät ebenfalls ins Visier der Ermittler.

[] 2007: Bundespräsident Horst Köhler weist ein Gnadengesuch Hogefelds am 7. Mai ab.

[] 2008: Das OLG Frankfurt lehnt am 29. Juli einen Antrag ab, die Strafe vorzeitig auszusetzen. Hogefeld schreibt im Gefängnis an ihrer Dissertation.

[] 2009: Am 12. August wird Hogefeld in den offenen Vollzug in Frankfurt verlegt, am 1. Oktober der Freigang erlaubt. Tagsüber arbeitet sie und kehrt nachts zurück. Nach der Freilassung von Christian Klar 2008 verbüßt Hogefeld als einzige Ex-Terroristin der RAF eine lebenslange Haftstrafe.

[] 2010: Bundespräsident Köhler lehnt am 17. Mai auch das zweite Gnadengesuch Hogefelds ab.

[] Juni 2011: Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt kündigt an, dass Birgit Hogefeld auf freien Fuß kommt. Ihre Reststrafe wird auf Bewährung ausgesetzt.

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