Nach IS-Anschlägen:Ägypten setzt umstrittenes Anti-Terror-Gesetz in Kraft

Nach IS-Anschlägen: Ägyptische Polizisten sichern die Anschlagstelle auf den Konvoi des Generalstaatsanwalt Barakat im Juni 2015 in Kairo.

Ägyptische Polizisten sichern die Anschlagstelle auf den Konvoi des Generalstaatsanwalt Barakat im Juni 2015 in Kairo.

(Foto: AP)
  • Der ägyptische Staatschef hat ein weitreichendes Anti-Terror-Gesetz in Kraft gesetzt. Es sieht Geldstrafen für nicht staatskonforme Berichterstattung vor.
  • Das Gesetz hatte in seiner ursprünglichen Form sogar Gefängnisstrafen für Journalisten vorgesehen, die abweichend von offiziellen Stellungnahmen berichten.
  • Als Auslöser für das neue Gesetz gilt eine Anschlagsserie der Terrormiliz IS auf die ägyptische Armee auf dem Sinai.

Ägypten sieht in Zukunft Geldstrafen für Journalisten vor

Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat ein umstrittenes Anti-Terror-Gesetz in Kraft gesetzt, das Journalisten bei abweichender Darstellung extremistischer Angriffe hohe Geldstrafen auferlegt. Das Gesetz wurde am Sonntag im Amtsblatt des nordafrikanischen Landes veröffentlicht.

Wenn ein Bericht von der offiziellen Darstellung eines Angriffs abweicht, werden demnach mindestens 200 000 ägyptische Pfund (umgerechnet etwa 23 000 Euro) als Strafe fällig, die Höchststrafe liegt bei 500 000 Pfund (etwa 57 500 Euro).

Ursprünglich plante Ägyptens Regierung Haftstrafen

Auch ein einjähriges Berufsverbot für die betreffenden Journalisten könnte die Folge sein. Ohne das Berufsfeld Journalismus ausdrücklich zu erwähnen, heißt es in dem neuen Anti-Terror-Gesetz, Gerichte könnten "den Verurteilten die Berufsausübung für bis zu ein Jahr verbieten, wenn das Vergehen die Grundsätze des Berufs verletzt".

Zunächst waren in Artikel 33 des Anti-Terror-Gesetzes für Berichte, die von den Angaben der ägyptischen Behörden abweichen, Haftstrafen von mindestens zwei Jahren vorgesehen. Nach heftiger Kritik von Medienvertretern wurde die Regelung abgeändert.

Doch auch die Neuregelung wird als Beschneidung der Pressefreiheit kritisiert. Die sehr hohen Geldstrafen könnten für kleine Zeitungen das Aus bedeuten und größere Medien davon abhalten, unabhängig über Angriffe von Extremisten und Offensiven gegen sie zu berichten, befürchten die Kritiker. Regierungsvertreter heben hingegen hervor, dass für eine Verurteilung den Betroffenen nachgewiesen werden müsse, dass sie absichtlich falsche Informationen veröffentlichten.

Reaktion auf Anschlagsserie auf dem Sinai

Ägyptens Präsident al-Sisi hatte nach der Ermordung von Generalstaatsanwalt Hischam Barakat Ende Juni schärfere Anti-Terror-Gesetze angekündigt. In dem neuen Gesetz wird der Straftatbestand Terrorismus sehr weit gefasst. Die direkte oder indirekte Anstachelung zu einem Terrorakt oder auch nur die Bereitschaft dazu sollen mit Gefängnis bestraft werden. Für die Anführer terroristischer Gruppierungen sowie für die Finanzierung von Angriffen ist die Todesstrafe vorgesehen.

Wie Justizminister Ahmed al-Sind sagte, führte die Berichterstattung über eine Anschlagsserie auf der Sinai-Halbinsel zu den strikten Bestimmungen. Der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hatte am 1. Juli eine Serie von Anschlägen auf Armee-Kontrollposten auf dem Sinai verübt, die zu heftigen Gefechten führten. Nach Angaben eines Armeesprechers wurden dabei 21 Soldaten und mehr als hundert Dschihadisten getötet. Andere Behördenvertreter hatten jedoch deutlich höhere Opferzahlen auf Armeeseite genannt. Al-Sind sagte daraufhin, derartige Berichte seien schlecht für die "Moral" des Landes.

Die ägyptische Armee kämpft seit dem Sturz des islamistischen Staatschefs Mohammed Mursi vor zwei Jahren gegen den Aufstand von Dschihadisten auf dem Sinai. Diese töteten bei Angriffen bereits hunderte Polizisten und Soldaten.

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