Nach Großdemonstration:Französische Regierung kippt neues Familiengesetz

Frankreich Familienpolitik Demonstration

Ihr Protest hatte Erfolg: Demonstranten von "Demo für alle"

(Foto: AFP)

Ein konservatives Bündnis bringt in Paris zehntausende Menschen gegen ein neues Familiengesetz auf die Straße - am Tag danach entscheidet die Regierung, vorerst nicht über die Pläne abstimmen zu lassen. Dabei waren die Hauptkritikpunkte der Demonstranten im bisherigen Entwurf gar nicht vorgesehen.

Einen Tag nach einer Großdemonstration gegen die Familienpolitik der französischen Regierung hat diese ihre Pläne für ein neues Familiengesetz vorerst gekippt. "Die Regierung wird dieses Jahr keinen Entwurf für ein Familiengesetz vorlegen", hieß es aus dem Umfeld von Regierungschef Jean-Marc Ayrault.

Ursprünglich hätte das neue Familiengesetz im April das Kabinett passieren und im zweiten Halbjahr der Nationalversammlung vorgelegt werden sollen. Doch nun seien noch "Vorbereitungsarbeiten" für den Gesetzestext notwendig. Als weiterer Grund für die Entscheidung wurde ein "bereits dichter parlamentarischer Kalender" genannt.

Am Sonntag waren in Paris nach Polizeiangaben 80.000, nach Veranstalterangaben sogar eine halbe Million Menschen gegen eine in ihren Augen "familienfeindliche" Politik der regierenden Sozialisten auf die Straße gegangen. Zu den Protesten aufgerufen hatte das konservative Bündnis "Manif pour tous" ("Demo für alle"), das im Jahr 2013 bereits die treibende Kraft hinter den Massenprotesten gegen die Einführung der Homo-Ehe in Frankreich war. Damals blieb ihr Protest ohne Wirkung: Wenige Monate später wurde die Homo-Ehe in Frankreich vom Verfassungsrat gebilligt.

"Dem höheren Interesse des Kindes und der Familie nicht förderlich"

Die Präsidentin von "Demo für alle", Ludovine de la Rochère, sprach nach der Ankündigung der Regierung, in diesem Jahr kein Familiengesetz auf den Weg zu bringen, von einem "Sieg" für ihr Bündnis. "Es ist ein Sieg, denn was sich im Gesetzesvorhaben abzeichnete, war dem höheren Interesse des Kindes und der Familie nicht förderlich."

Die Demonstranten hatten unter anderem dagegen protestiert, lesbischen Frauen ein Recht auf künstliche Befruchtung einzuräumen oder die Leihmutterschaft zu legalisieren, wie es einige sozialistische Abgeordnete fordern. Im bisherigen Entwurf für das neue Familiengesetz war dies allerdings gar nicht vorgesehen.

Geplant war vielmehr unter anderem, die rechtliche Stellung von Stiefeltern bei der Erziehung der Kinder ihrer Lebenspartner zu stärken. Familienministerin Dominique Bertinotti hatte kürzlich der Nachrichtenagentur AFP gesagt, angesichts der "Vielzahl von Familienmodellen" gelte es, das französische Recht zu modernisieren. Es gelte, Rechtssicherheit für alle Familien zu schaffen.

Streit um künstliche Befruchtung für Lesben

Das Recht auf eine künstliche Befruchtung für Lesben und die Legalisierung der Leihmutterschaft hatte auch für Streit bei den Sozialisten gesorgt. Innenminister Manuel Valls sagte dem Sender RTL, die Regierung werde sich dagegen stemmen, sollte in der Nationalversammlung der Versuch unternommen werden, beides auf parlamentarischem Wege doch noch in dem Gesetz zu verankern.

Der Vorsitzende der Sozialisten-Fraktion in der Nationalversammlung, Bruno Le Roux, mahnte Valls daraufhin, sich an die "Spielregeln" zu halten. Es müsse wie vereinbart erst die Meinung des nationalen Ethikrates zu dem Thema abgewartet werden. Er werde nicht im Voraus auf "neue Rechte für die Kinder unseres Landes verzichten", sagte Le Roux.

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