Nach gewaltsamen Protesten:Polizei durchsucht Büros von S21-Gegnern

Nach Ausschreitungen bei Protesten haben Polizei und Staatsanwaltschaft Büros von Stuttgart-21-Gegnern durchsucht. Am 20. Juni sollen Demonstranten einen Zivilbeamten an Kopf und Hals verletzt haben. Die Parkschützer bestreiten das - und erheben Vorwürfe gegen Polizei und Staatsanwaltschaft.

Wolfgang Jaschensky

Eindeutig ist nur die Wetterlage: Dunkle Wolken hingen an jenem 20. Juni über dem Zentrum Stuttgarts, als die Gegner von Stuttgart 21 wie jeden Montag gegen den Bau des Tiefbahnhofs demonstrierten. Was dann aber rund um den Stuttgarter Schlossgarten und das historische Bahnhofsgebäude geschehen ist, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Durchsuchung Parkschuetzerbuero

Durchsuchung bei den "Parkschützern": Beamte der Staatsanwaltschaft durchsuchen am Donnerstag in Stuttgart das Büro der Stuttgart-21-Gegner, während deren Pressesprecher Matthias von Herrmann telefoniert. Herrmann sagte später, er habe dem Staatsanwalt fünf Videosequenzen überreicht, die bei der Pressekonferenz der Parkschützer am 24. Juni erstmals gezeigt und seitdem auf Youtube und der Website der Parkschützer allgemein zugänglich sind. Foto: Michael Latz/dapd

(Foto: dapd)

Seit diesem Donnerstag ist nun immerhin klar: Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft haben wegen der Vorfälle vom 20. Juni die Büroräume der "Parkschützer" durchsucht. Ob sie dies tun musste? Auch dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Die Initiative, die sich besonders für den Erhalt des Schlossparks einsetzt, hatte vergangene Woche auf einer Pressekonferenz Bilder der Demonstration vorgeführt. Die sollen zeigen, was an diesem Tag wirklich passiert ist. Mit der Durchsuchung wollen die Ermittler diese Filmaufnahmen nun sicherstellen. Die Parkschützer hätten es abgelehnt, das Filmmaterial an die Ermittler weiterzugeben, sagte Staatsanwältin Claudia Krauth zu sueddeutsche.de.

Zudem sucht die Staatsanwaltschaft Hinweise auf Zeugen. Einer polizeilichen Vorladung seien Parkschützer nicht nachgekommen. Aus diesem Grund seien Polizei und Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung gezwungen gewesen.

Wer hat provoziert?

Matthias von Herrmann, Sprecher der Parkschützer, betont im Gespräch mit sueddeutsche.de hingegen, stets mit den Behörden kooperiert zu haben. Die fraglichen Filmaufnahmen seien alle im Netz auf Youtube der Öffentlichkeit zugänglich. Zudem habe es von Seiten der Polizei oder der Staatsanwaltschaft nie eine Nachfrage gegeben. Immerhin, so Herrmann, habe die Polizei auf eine Durchsuchung seiner Privatwohnung verzichtet, nachdem er die Übergabe des gesuchten Materials zugesichert habe.

Aber was ist nun an jenem 20. Juni vorgefallen? Während die Polizei von einer aggressiven und feindseligen Stimmung sowie großer Emotionalität des Protestes berichtete, sprachen die "Parkschützer" von einer "gelösten Feierabendstimmung". Etwa 1000 Protestierende hätten ein "Stück ihrer Stadt wieder in Besitz" genommen.

Laut Polizei zogen etwa 1500 Demonstranten nach der Montagsdemonstration zum Gelände des Grundwassermanagements. Dort hätten Aktivisten den Bauzaun niedergerissen und das Gelände gestürmt. Es ist die Rede von Krawallen, von zerstochenen Reifen, abgerissenen Kabeln und Schläuchen, zerstörten Wasserrohren, von einem Millionenschaden.

Vor allem aber sind nach Polizeiangaben neun Beamte verletzt worden. Acht mussten wegen eines Knalltraumas ins Krankenhaus gebracht werden. Ein Zivilbeamter sei schwer verletzt worden, als er einen Demonstranten kontrollieren wollte, der zuvor eine Sachbeschädigung begangen hatte.

Das sehen die "Parkschützer" ganz anders: Bei dem Mann habe es sich um einen Mann gehandelt, der Gewalt provoziert hätte. Die Demonstranten hätten ihn als Zivilbeamten enttarnt und dann "seinen uniformierten Kollegen" übergeben, sagte Herrmann damals der SZ. Bei dieser Darstellung bleibt Herrmann bis heute.

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