Nach gescheiterter Regierungsbildung:Europäer wünschen sich Euro-Referendum in Griechenland

In Athen und anderen europäischen Hauptstädten wird darüber nachgedacht, die griechischen Bürger in einem Volksentscheid über den Verbleib in der Euro-Zone abstimmen zu lassen. Für Verwirrung sorgt ein angeblicher Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel.

Was haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Griechenlands Staatspräsidenten Karolos Papoulias am Vormittag telefonisch besprochen? Aus Athen verlautet, dass Merkel den Griechen ein Referendum empfohlen habe. Aus Berlin heißt es: "Diese Berichte treffen nicht zu". So zitiert jedenfalls die Nachrichtenagentur dpa eine Regierungssprecherin. Merkel selbst befindet sich derzeit in den USA, wo sie am G-8-Gipfel in Camp David teilnimmt.

Den Athener Informationen zufolge sah Merkels Vorschlag vor, dass der Urnengang parallel zu den Neuwahlen des Parlaments am 17. Juni stattfinden soll. So teilte dies das Büro des griechischen Regierungschefs Panagiotis Pikrammenos mit.

Alle griechischen Parteien seien informiert worden, sagte Regierungssprecher Dimitris Tsiodras der Nachrichtenagentur dpa. In einer ersten Reaktion hieß es aus Kreisen der Sozialisten, Referenden würden grundsätzlich nicht vom Ausland vorgeschlagen.

Der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, sagte, das griechische Volk brauche kein Referendum, "um zu beweisen, dass es für den Euro ist." Merkels Idee sei "gelinde gesagt unglücklich und kann nicht akzeptiert werden". Syriza-Chef Alexis Tsipras, der die Sparzusagen gegenüber den internationalen Geldgebern aufkündigen will, erklärte, Merkel sei "es gewohnt, die politischen Führer Griechenlands zu adressieren, als ob das Land ein Protektorat ist".

Unabhängig von der Frage, ob Merkel sich nun für ein Referendem der Griechen ausgeprochen hat oder nicht: In Athen und anderen europäischen Hauptstädten wird intensiv über das Thema Volksentscheid nachgedacht. Damit soll Klarheit über den Willen der Bürger und die Zukunft Griechenlands in der Gemeinschaftswährung gewonnen werden.

Referendumspläne in Griechenland umstritten

Die griechischen Bürger sollen dann direkt vor die Wahl gestellt werden: den Euro behalten und sich dafür zu verpflichten, alle Sparauflagen zu erfüllen - oder eben nicht.

Die Finanzminister der Euro-Länder haben ihren griechischen Kollegen bereits Anfang dieser Woche gebeten, die Möglichkeit eines Referendums in Athen zu besprechen. Unter den griechischen Parteien ist das Vorhaben allerdings höchst umstritten.

Bereits im November 2011 hatte der frühere griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou ein Referendum vorgeschlagen. Damals war das auf Merkels Widerspruch gestoßen - und Papandreou musste gehen.

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