Nach Gaddafis Machtverlust in Libyen:Syrien vor dem Dominoeffekt

Syriens Präsident Assad ist nach Monaten der Gewalt da, wo er nie hinwollte: auf der Abschussliste. Selbst Iran spricht inzwischen von legitimen Forderungen der Demonstranten. Was Syrien jetzt am meisten schadet, ist Geduld.

Sonja Zekri

Nach acht Monaten "Arabellion" ist der syrische Präsident Baschar al-Assad dort, wo er nie hinwollte: oben auf der Abschussliste. In Libyen haben arabische Aufständische, wieder einmal, das Unmögliche möglich gemacht. Nach dem Sturz des libyschen Gewaltherrschers Gaddafi wäre das Ende des Assad-Regimes zwar kein simpler Dominoeffekt, aber doch eine Frage der Reihenfolge.

Für Assads verbliebene Getreue ist diese Zwangsläufigkeit ein Problem. Iran spricht erstmals von "legitimen Forderungen" der Protestierenden. Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah hat ihren Ruf als Streiterin für die von Israel und Amerika Geknechteten längst verspielt: Für die Aufständischen ist sie ein Büttel der Assad-Schergen, Helfer eines Regimes, dessen israelfeindliche Rhetorik niemanden mehr vom repressiven Kern des Regimes ablenkt.

Die Arabische Liga schließlich widmet sich nach fünf Monaten endlich der Syrienfrage und schickt ihren Generalsekretär nach Damaskus. Es bleibt richtig, dass der Fall Assads die Region ungleich schwerer erschüttern würde, als der Krieg in Libyen es tat. Es gibt keinen Übergangsrat in Syrien, keine klare Stimme der Aufständischen. Es gibt keine Front, sondern nur Massaker.

Syrien ist heterogen, wird regiert von einer konfessionellen Minderheit und ist politisch der Schlussstein einer lange mit Stabilität verwechselten Nahost-Architektur. Die Welt verhängt Sanktionen, die arabische Liga verhandelt, als hätte sie alle Zeit der Welt. Nichts gilt als verheerender als der schnelle Zusammenbruch des Regimes. Die explosiven Tage in Libyen aber haben gezeigt, wie schnell sich langfristige Planungen als Illusion erweisen können. Wenn Syrien eines schadet, ist es Geduld.

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