Nach Enthüllung von NSA-Unterlagen:Verfassungsschutz bestätigt Test von US-Spionagetechnik

Die NSA hat die deutschen Geheimdienste mit der Spähsoftware "X-Keyscore" ausgestattet - das bestätigte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, einem Medienbericht zufolge. Die Technik werde derzeit allerdings nur getestet.

Tempora Prism Überwachung NSA

Das Spionagenetz der National Security Agency (NSA): Für die Großansicht klicken Sie bitte auf die Grafik.

(Foto: SZ-Grafik: Ilona Burgarth, Foto: Reuters)

Der deutsche Verfassungsschutz hat bestätigt, dass ihm der US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) eine Spähsoftware zur Verfügung gestellt hat. Das Programm werde bislang lediglich getestet, aber "derzeit" nicht eingesetzt, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, der Zeitung Bild am Sonntag laut Vorabbericht.

"Bei seiner Zusammenarbeit mit der NSA hält sich das BfV strikt an seine gesetzlichen Befugnisse", betonte Maaßen. "Ich weise die Spekulation zurück, dass das BfV mit einer von der NSA zur Verfügung gestellten Software in Deutschland Daten erhebt und an die USA weiterleitet oder von dort Daten erhält." Er ergänzte, die Kooperation mit amerikanischen Nachrichtendiensten trage erheblich zur Verhinderung von Terroranschlägen in Deutschland bei.

Schindler: keine "millionenfache monatliche Weitergabe von Daten"

Maaßen reagierte mit seinen Äußerungen auf einen Spiegel-Bericht, demzufolge das NSA-Spähwerkzeug neben dem BfV auch vom Auslandsgeheimdienst BND eingesetzt wird. BND-Präsident Gerhard Schindler äußerte sich dazu nicht konkret. Er sagte der Bild am Sonntag lediglich: "Eine millionenfache monatliche Weitergabe von Daten aus Deutschland an die NSA durch den BND findet nicht statt." Im vergangenen Jahr seien gesetzeskonform zwei einzelne personenbezogene Datensätze deutscher Staatsbürger an die NSA übermittelt worden. "Die Zusammenarbeit mit der NSA habe ich jüngst im Parlamentarischen Kontrollgremium vorgetragen", so Schindler.

Der Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, forderte die Suspendierung Maaßens und Schindlers "bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe". Alles spreche dafür, dass die deutschen Geheimdienste die "systematische Aushebelung von Grundrechten" betrieben hätten. Im kommenden Bundestag werde seine Partei die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragen, so Riexinger.

Instensive Zusammenarbeit der NSA mit deutschen Geheimdiensten

Den geheimen Unterlagen zufolge, die dem Spiegel vorliegen sollen, wird mit der Spähsoftware namens "X-Keyscore" ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe. Das Programm könne etwa auf der Basis von Verbindungsdaten sichtbar machen, welche Stichworte Zielpersonen in Internet-Suchmaschinen eingegeben haben. Zudem könnten damit zumindest teilweise Kommunikationsinhalte eingesehen werden.

Dem Bericht zufolge hat sich die Zusammenarbeit deutscher Dienste mit der NSA zuletzt intensiviert. In den US-Unterlagen sei in diesem Zusammenhang vom "Eifer" des BND-Präsidenten Schindler die Rede. "Der BND hat daran gearbeitet, die deutsche Regierung so zu beeinflussen, dass sie Datenschutzgesetze auf lange Sicht laxer auslegt, um größere Möglichkeiten für den Austausch von Geheimdienst-Informationen zu schaffen", hätten NSA-Mitarbeiter im Januar notiert. Ende April sei eine BND-Delegation zu Gast bei der NSA gewesen und habe dort mit Spezialisten für Datenbeschaffung Kontakt gehabt.

Wenige Wochen später deckte der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden das NSA-Spähprogramm Prism auf, mit dem seinen Angaben zufolge weltweit Unmengen von Verbindungsdaten abgeschöpft werden, darunter auch in Deutschland. Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, über das Programm nicht informiert gewesen zu sein.

In einer früheren Version des Artikels war an einer Stelle von der Software "XKeyscorewerde" die Rede. Hier wurden die Anführungszeichen falsch gesetzt. Die Spähsoftware heißt "X-Keyscore". Der Fehler wurde inzwischen behoben.

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