Nach der Wahl: Medien in der Türkei:"Das Volk hat das letzte Wort gesprochen"

Die Meinungsmache, die vor den Parlamentswahlen in der Türkei stark von den Medien betrieben wurde, ist zu Ende. Die Wahl hat einen strahlenden Sieger hervorgebracht. Dementsprechend wohlwollend haben türkische Zeitungen den Sieg der AKP kommentiert.

Die türkischen Medien haben größtenteils wohlwollend auf den Wahltriumph der AKP reagiert - und dem eindeutigen Wählerwillen große Bedeutung beigemessen.

Recep Tayyip Erdogan, dpa

Recep Tayyip Erdogan nach seinem Wahlsieg am Sonntag: Seine AKP wird auch in der nächsten Legislaturperiode über eine große Mehrheit im Parlament verfügen.

(Foto: Foto: dpa)

"Die Nation hat für Stabilität gestimmt", meint der Kolumnist der Turkish Daily News, Yusuf Kanli. Erdal Safak von der Zeitung Sabah, die im Vorfeld der Wahlen bei der Regierungskritik kein Blatt vor den Mund genommen hatte, schreibt: "Bei dieser Wahl hat die AKP gezeigt, dass sie zur Volkspartei geworden ist."

Die Angst vor einer schleichenden Islamisierung sieht der Chefredakteur des Massenblatts Hürriyet wie weggewischt: "Es gibt überhaupt nichts zu befürchten", schreibt Ertugrul Özkök. "Es ist an der Zeit anzuerkennen, dass es sich bei den Stimmen für die AKP nicht um islamistische Stimmen handelt, sondern dass die AKP in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist."

Ähnlich analysiert der AKP-Experte Rusen Cakir in der unabhängigen Zeitung Vatan die neue Identität der AKP als klassische Volkspartei. Das Scheitern der "echten" Islamisten von der Glückseligkeitspartei, die gerade einmal zwei Prozent bekamen, beweise, dass der Islam durch die AKP in der politischen Mitte integriert und der radikale Islamismus marginalisiert sei, kommentiert Cakir.

Für die unterlegene Opposition haben die Kommentatoren kritische Töne übrig: Der harte Wahlkampf, den die Republikanische Volkspartei CHP bestritten hatte, war erfolglos, meint ein Kolumnist der liberalen Zeitung Radikal, die "Politik der Angst" (vor einer Islamisierung des Landes) gescheitert. Was der Türkei heute fehle, so der Sabah-Kommentator Ergun Babahan, sei nicht eine fähige Regierung, sondern eine Opposition.

Kritik am hart geführten Wahlkampf übt der bekannte Kolumnist Mehmet Ali Birand. Er kritisiert in den Turkish Daily News den mangelnden Stil der Politiker im Wahlkampf. "Ist es nicht eine Schande, dass sich unsere politischen Führer gegenseitig beleidigen, als Betrüger und Diebe schmähen?"

Birand spricht außerdem von der "unsichtbaren Stimmen" für die AKP. "Wir hatten eine Atmosphäre, als ob Jagd auf AKP-Anhänger gemacht wird. Immer mehr Leute sagten, sie würden für die AKP stimmen, dies aber nicht öffentlich zugeben können."

Dennoch: Der Wählerwille sei nun klar zum Ausdruck gekommen. "Das Volk hat das letzte Wort gesprochen", so die Schlagzeile von Zaman.

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