Nach den Pariser Anschlägen:Blutige Razzia

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Ein Verdächtiger getötet: Polizisten beim Anti-Terroreinsatz in Brüssel. (Foto: Laurent Dubrule/dpa)

Französische und belgische Sicherheitskräfte geraten in Brüssel bei einer Terroristenjagd unter Beschuss. Ein Verdächtiger wurde getötet.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Auf der Suche nach Verantwortlichen für die Anschläge von Paris sind Polizisten am Dienstag in Brüssel in eine Schießerei geraten. Ein Verdächtiger wurde getötet. Vier Beamte, darunter eine französische Polizistin, seien leicht verletzt worden, teilte Ministerpräsident Charles Michel am Abend mit. Einzelheiten nannte er nicht. Nach Angaben der belgischen Staatsanwaltschaft wurde einer der Bewaffneten getötet. Die Identität des Toten sei noch nicht geklärt.

Belgische und französische Polizisten wollten den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge eine Wohnung im Süden Brüssels durchsuchen. Dabei sei unvermittelt das Feuer auf die Polizisten eröffnet worden, als diese die Tür öffneten. Etwa fünf Stunden später sei die Wohnung gestürmt worden. Dabei sei ein mit einer Kalaschnikow bewaffneter Mann getötet worden. Über das Schicksal weiterer Personen machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben. Sie teilte lediglich mit, dass die Suche anhalte. Aus Regierungskreisen verlautete, die geplante Durchsuchung habe im Zusammenhang mit den Anschlägen im November in Paris gestanden. Die Polizisten seien aber nicht davon ausgegangen, dabei wesentliche Beweise zu finden.

Bei dem Getöteten handele sich nicht um den 26 Jahre alten Salah Abdeslam, der wegen der Anschläge von Paris im November gesucht wird, betonte die Brüsseler Staatsanwaltschaft.

Die Einsatzkräfte waren mit einem Großaufgebot vor Ort. Spezialkräfte und ein Helikopter wurden zum Tatort im Viertel Forest geschickt. Zwei Schulen und zwei Kitas in der Umgebung wurden evakuiert. Sicherheitskräfte riegelten das Areal weiträumig ab. Bürger konnten zunächst nicht in ihre Wohnungen zurückkehren. "Ich bin sehr überrascht. Das ist eigentlich ein familiäres und ruhiges Viertel", sagte eine Anwohnerin. Sie müsse stundenlang an einer Absperrung warten, um zu ihrem Sohn zu gelangen. Forest ist ein sozial gemischtes Viertel mit vielen Einwanderern. Es grenzt an Molenbeek, das als Drehkreuz für Dschihadisten gilt. Gleich um die Ecke liegt eine der beliebtesten Konzerthallen. In einem großen Werk produziert der deutsche Hersteller Audi Autos. Die Mitarbeiter des Werkes wurden aufgefordert, in den Gebäuden zu bleiben, während der Einsatz anhalte.

Brüssel ist wegen der islamistischen Attentate von Paris in den Fokus geraten. Mehrere mutmaßliche Attentäter der Extremistenmiliz IS hatten Verbindungen in die belgische Hauptstadt. Einer der Hauptverdächtigen, Salah Abdeslam, ist weiterhin auf der Flucht. Er ist einer der meistgesuchten Terroristen Europas. Bei dem Einsatz am Dienstag ist es laut Staatsanwalt aber nicht um Abdeslam gegangen. Abdeslam ist zugleich Bruder eines der Selbstmordattentäter, die sich in Paris mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft gesprengt hatten.

In Brüssel waren nach den Pariser Anschlägen vom 13. November die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden. Seit vier Monaten versuchen die Behörden zu ergründen, welche Rolle belgische Staatsbürger bei den Anschlägen von Paris spielten.

© SZ vom 16.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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