Nach den Landtagswahlen:Rot-rote Gedankenspiele

In Thüringen spricht sich die Linke gegen die rot-rote Koalitionsoption unter SPD-Führung aus. Im Saarland hingegen wirbt ein SPD-Linker für rot-rote Bündnisse - sogar auf Bundesebene.

In Thüringen ist nach den Worten von Dietmar Bartsch eine Koalitionsoption offenbar vom Tisch. Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei schloss eine Wahl des SPD-Spitzenkandidaten Christoph Matschie zum Thüringer Ministerpräsidenten kategorisch aus.

Nach den Landtagswahlen: CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich (links) und FDP-Spitzenkandidat Holger Zastrow (rechts) werden Koalitionsgespräche führen. Eine schwarz-gelbe Koalition ist in Sachsen die wahrscheinlichste Option.

CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich (links) und FDP-Spitzenkandidat Holger Zastrow (rechts) werden Koalitionsgespräche führen. Eine schwarz-gelbe Koalition ist in Sachsen die wahrscheinlichste Option.

(Foto: Foto: ddp)

Angesprochen auf eine mögliche Patt-Situation, weil die SPD im Gegenzug den Kandidaten der Linkspartei nicht wählen wolle, sagte er in der Sendung "Unter den Linden" des Fernsehsenders Phoenix: "Wir sind mit dem Spitzenkandidaten Bodo Ramelow angetreten. Es wird sich jedenfalls nicht so auflösen, wie vielleicht jemand in der SPD denkt, dass wir Herrn Matschie wählen. Das ist völlig ausgeschlossen."

Da die SPD weniger Stimmen als die Linkspartei erhalten hatte, wäre dies "ein Kuriosum, das es bisher noch nicht gegeben hat", so Bartsch, "und das wird es mit uns nicht geben." Wörtlich fügte er hinzu: "Das ist völlig absurd." Seit 60 Jahren Bundesrepublik habe es keinen einzigen Fall gegeben, wo die schwächere Partei den Ministerpräsidenten gestellt habe.

Konziliantere Töne schlug der SPD-Linke Ottmar Schreiner an. Im Saarland könne eine Zusammenarbeit von Linken und SPD zu einer Annäherung zwischen den Parteien auf Bundesebene führen, sagte Schreiner, der nach den Landtagswahlen im Saarland mit einem Ministerposten rechnen darf. "Wenn ein Linksbündnis im Saarland zustande kommt, wird das auch helfen, die Hürden im Bund dafür irgendwann zu nehmen", sagte Schreiner, der als Arbeitsminister im Saarland im Gespräch ist, der Bild-Zeitung vom Dienstag nach einer Vorabmitteilung.

Die Hindernisse für ein Zusammengehen mit der Linkspartei für die Zeit nach der kommenden Bundestagswahl seien nicht unüberwindbar, sagte Schreiner weiter. Bereits jetzt sprächen SPD und Linke etwa beim Thema Mindestlohn die gleiche Sprache. Bei den Landtagswahlen im kleinsten deutschen Flächenstaat hatte die Linkspartei unter Parteichef Oskar Lafontaine ein Rekordergebnis von mehr als 20 Prozent erzielt. Ungeachtet herber Stimmenverluste der SPD ist damit eine Regierung aus SPD, Linkspartei und Grünen möglich.

Auch der frühere SPD-Vorsitzende Kurt Beck steht Bündnissen seiner Partei mit der Linken im Saarland und in Thüringen offen gegenüber. "Wenn man regieren kann, muss man es auch wollen", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident am Montagabend in Mainz. Die SPD müsse für den Fall neuer Linksbündnisse eine "Rote-Socken-Kampagne" der Union im Bundestagswahlkampf nicht mehr fürchten: "Ich schließe aus, dass das nochmal verfängt." Entscheidend für das Eingehen einer rot-roten Koalition seien die Inhalte: "Man muss schauen, ob ein politischer Neuanfang funktioniert." Beck unterstützte die Linie der thüringischen SPD, ein rot-rotes Bündnis nur einzugehen, wenn Landeschef Christoph Matschie zum Ministerpräsidenten gewählt wird. Die Sozialdemokraten seien in Erfurt in einer politischen Schlüsselrolle: "Gegen die SPD geht in Thüringen nichts."

In Sachsen läuft dagegen alles auf eine schwarz-gelbe Koalition heraus. Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP sollen möglichst rasch aufgenommen werden. Die Gespräche werden am Dienstag beginnen. Beide Landesvorstände hatten dem am Vorabend zugestimmt.

CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich entschied sich für die Liberalen als Regierungspartner, weil es aus seiner Sicht die größten politischen Übereinstimmungen mit der FDP gibt. Zudem seien nach dem Rücktritt des SPD-Landesvorsitzenden Thomas Jurk keine verbindlichen Gespräche mit dem bisherigen Koalitionspartner mehr möglich, hieß es. CDU und FDP hatten ohnehin lange vor der Landtagswahl erklärt, bei einem passenden Ergebnis künftig zusammenzuarbeiten.

Die CDU war bei der Wahl am Sonntag bei leichten Einbußen mit 40,2 Prozent erneut stärkste Kraft in Sachsen geworden. Die FDP mit Spitzenkandidat und Parteichef Holger Zastrow legte von 5,9 auf 10,0 Prozent zu. Rechnerisch wäre auch eine Fortsetzung der CDU/SPD-Koalition oder eine schwarz-grüne Koalition möglich. Tillich hatte vor seiner Entscheidung für die Liberalen am Montag noch Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen geführt. Sachsens SPD konnte bei der Wahl mit 10,4 Prozent nur knapp ihr historisch schlechtes Ergebnis von 2004 überbieten.

Nach den ernüchternden Ergebnissen bei den Landtagswahlen sind es die Politiker der CDU, die vor dem Hintergrund der nahenden Bundestagswahl Appelle an ihre Partei richten. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und hessische Ministerpräsident Roland Koch verlangt von seiner Partei eine massive Kraftanstrengung für einen Wahlsieg am 27. September. "Es war immer klar, dass diese Bundestagswahl knapp wird", sagte Koch nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland, bei denen die CDU teils zweistellige Verluste erlitten hatte. "Da muss eine Partei mit aller Kraft von der Vorsitzenden bis zu allen anderen sich diesen Herausforderungen stellen. Angela Merkel tut das."

Der CDU-Vize widersprach der Kritik, dass der Wahlkampf in zu moderatem Ton geführt werde. "Der Wahlkampf ist sicher nicht so polemisch wie andere." Das liege am "Klima der Besorgnis" in der Wirtschaftskrise. "Die Menschen würden uns in einer solchen Zeit mit Unverständnis betrachten, wenn wir einen Wahlkampf wie immer führen würden. Die Tonlage ist anders."

Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sprach sich gegen eine Strategiedebatte aus. "Und einen hektischen Kurswechsel brauchen wir erst recht nicht", sagte er der Frankfurter Rundschau. Vielmehr sei eine klare Sprache hinsichtlich der Inhalte und der Alternativen nötig. Denn die hießen ja nicht nur CDU und SPD, "sondern Rot-Rot-Grün oder bürgerliches Lager". Er plädiere nicht für "eine wilde Keilerei", die komme bei den Wählern nicht an.

Wulff für härteren Kurs gegen die Linke

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff forderte seine Partei unterdessen zu einer härteren Auseinandersetzung mit der Linkspartei auf. "Die CDU muss sich stärker als bislang mit der Linkspartei von heute auseinandersetzen", sagte Wulff dem Handelsblatt vom Dienstag. "Wo sie, wie in Berlin, regiert, ist die wirtschaftliche Lage verheerend". Man müsse nicht die DDR-Vergangenheit bemühen, um die Linke zu stellen, sondern auf ihre Bilanz in Landesregierungen verweisen.

Ziel der Union müsse es sein, SPD und Grüne für eine klare Abgrenzung zur Linkspartei zu gewinnen, erklärte Wulff. "Die vordringlichste Aufgabe der CDU ist es, SPD und Grüne dafür zu gewinnen, sich nicht von der Linken ins Boot ziehen zu lassen, weil es um Wachstum und Arbeitsplätze geht. Dies schafft man nicht mit links", sagte Niedersachsens Regierungschef. "Das ist kein neuer Akzent für unseren Wahlkampf, im Gegenteil: So denken wir unsere Strategie für Wachstum und Arbeitsplätze folgerichtig weiter", sagte der stellvertretende CDU-Chef.

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