Nach dem Zugunglück:Nordkorea will Hilfe vom Erzfeind im Süden

Das kommunistische Land hat Südkorea offiziell um Hilfe gebeten: Statt Ärzteteams will der Norden aber lieber schweres Räumgerät. Das Welternährungsprogramm der UN befürchtet derweil, dass durch das Unglück die Versorgung Tausender hungernder Nordkoreaner akut bedroht ist.

Nordkorea hat Südkorea um Materialhilfe für den Wiederaufbau in der bei dem Explosionsunglück vor fünf Tagen teilweise verwüsteten Stadt Ryongchon gebeten. Das Land benötige unter anderem Planierraupen, Zement, Dieselöl sowie Ausrüstungsgegenstände wie Tische und Stühle für zerstörte Schulen, sagte am Dienstag ein Sprecher des südkoreanischen Rotkreuzverbandes in Seoul.

Südkoreanische Hilfe

Helfer aus Südkorea verladen Hilfsgüter für Nordkorera.

(Foto: Foto: AP)

"Sie sagten, sie bräuchten keine medizinische Teams und Gegenstände des täglichen Bedarfs von Südkorea." Südkorea wolle die Liste überprüfen. Vertreter beider Länder hatten zuvor weitere Gespräche über Hilfsmaßnahmen in der nordkoreanischen Grenzstadt Kaesong geführt.

Hilfstransporte über den Landweg sind tabu

Die erste Schiffsladung mit Hilfsgütern aus Südkorea werde voraussichtlich am Donnerstag zum nordkoreanischen Hafen Nampo südwestlich der Hauptstadt Pjöngjang gebracht, sagte der Sprecher. Nordkorea hatte am Montag das Hilfsangebot der südkoreanischen Regierung zwar angenommen. Die geplante Lieferung von Hilfsgütern im Wert von einer Million Dollar, darunter Medizin und Lebensmittel, über die Grenze auf dem Landweg lehnte Nordkorea jedoch ab.

Dagegen schlug es den Transport auf dem langsameren Seeweg vor. Bei dem Unglück waren am Donnerstag mehr als 160 Menschen ums Leben gekommen.

Versorgung Millionen hungernder Nordkoreaner gefährdet

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) hat davor gewarnt, dass die Katastrophenhilfe für die Opfer des verheerenden Zugunglücks in Ryongchon die Versorgung von Millionen Hungernden in ganz Nordkorea gefährdet.

Das WFP schichte seine Hilfsmittel derzeit um, müsse die entstehenden Lücken aber "schnellstmöglich" wieder auffüllen und habe nur noch "sehr begrenzte" Vorräte, sagte der für Asien zuständige Leiter des Programms, Anthony Banbury, am Dienstag in Peking.

Banbury zufolge stellte das WFP am Sonntag 2,5 Tonnen Lebensmittel für das Katastrophengebiet im Nordwesten des Landes bereit. Weitere Lieferungen sollten am Dienstag folgen. Benötigt werden demnach dringend tausend weitere Tonnen Lebensmittel, um die tausenden Opfer des Explosionsunglücks zu versorgen. Den Ärzten fehle es mehr oder weniger an allem, erklärte Banbury. Aber ganz besonders mangele es an Antibiotika.

Internationale Hilfe angelaufen

Die USA zahlen dem Land 100.000 Dollar (84.000 Euro) Nothilfe. Darüber hinaus sei Washington bereit, Medikamente und Material sowie ein Team von Notfallmedizinern zu entsenden, teilte das Weiße Haus am Montag mit.

"Wir leisten humanitäre Hilfe nach Katastrophen je nach Bedarf und ungeachtet politischer Fragen", sagte Präsidentensprecher Scott McClellan. US-Präsident George W. Bush hatte Nordkorea vor mehr als zwei Jahren gemeinsam mit Iran und Irak auf einer "Achse des Bösen" angesiedelt. Washington unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Pjöngjang. Auch Australien, Deutschland und Russland beteiligen sich mit bis zu sechsstelligen Beträgen an den Hilfsmaßnahmen.

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