Bahn stoppt Bau:Wie es mit Stuttgart 21 weitergeht

Die Bahn stoppt nach dem grün-roten Wahlsieg die Bauarbeiten für Stuttgart 21 und vergibt keine neuen Aufträge. Ist das Projekt damit schon beerdigt? Viele Gegner hoffen darauf. Aber ganz so einfach ist es nicht.

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Landtagswahl Baden-Wuerttemberg

Quelle: dapd

Neben der Diskussion um den Atomausstieg war es vor allem der Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21, der den Grünen in Baden-Württemberg Auftrieb verliehen hat. Nach dem Wahlsieg von Grün-Rot hat die Bahn nun angekündigt, vorerst nicht weiterbauen zu wollen. Viele Bürger hoffen, dass das Projekt damit beerdigt ist - aber ganz so einfach ist es nicht.  Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Bahn stoppt Bau:Wie reagiert die Bahn auf das Wahlergebnis?

Bericht: DB drohen Nachzahlungen wegen verbotener Subventionen

Quelle: dapd

Bahnchef Rüdiger Grube (im Bild) hat sich dazu entschlossen, die Bauarbeiten am neuen Tiefbau einzustellen - zumindest vorerst. Bis zur Konstitutierung der neuen Landesregierung werde die Bahn "keine neuen Fakten schaffen - weder in baulicher Hinsicht noch bezüglich der Vergabe von Aufträgen", sagte Technik-Vorstand Volker Kefer am Dienstag. Voraussichtlich im Mai werde der Konzern "unmittelbar mit den dann Verantwortlichen offiziell das Gespräch suchen." Experten werten das als heftige Reaktion der Bahn und als Zeichen dafür, dass sie das Projekt Stuttgart 21 beerdigen will. Allerdings würde auch das teuer: Denn zum einen hat sie bereits einiges an Geld investiert, zum anderen müsste der Bahnhof in jedem Fall modernisiert werden, da seit Jahren nichts mehr gemacht wurde.

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Bahn stoppt Bau:Wird die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg das Projekt Stuttgart 21 kippen?

Landtagswahl Baden-Württemberg

Quelle: dpa

Am Wahlabend sprach kaum ein Politiker von SPD und Grünen über Stuttgart21, was zeigt, wie vorsichtig die beiden künftigen Koalitionspartner sich dem Thema nähern, das auch das Potential hat, diese Regierung in große Turbulenzen zu stürzen. Die Grünen sind gegen Stuttgart 21, die SPD mehrheitlich dafür. Jetzt wollen beide tun, was man tut, wenn man sich nicht einigen kann: Das Volk soll entscheiden.

(Im Bild der designierte grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid am Wahlabend)

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Bahn stoppt Bau:Ist ein Volksentscheid zulässig?

Paul Kirchhof - Der Mann des Wahlkampfs

Quelle: dpa

Da scheiden sich die Geister. Während die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags eine solche Abstimmung für möglich halten, kam der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass sie verfassungswidrig wäre. Ihr Ziel wäre nämlich, den zwischen Bahn, Bund, Land und Stadt bereits rechtswirksam geschlossenen Verträgen rückwirkend die Basis zu entziehen. Das aber sei in einem Rechtsstaat unzulässig.

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Bahn stoppt Bau:Was passiert, wenn die Bürger gegen Stuttgart 21 stimmen?

Neuer Chef für Bahn-Fernverkehr

Quelle: dpa

Eigentlich können die Baden-Württemberger nur über den Landesanteil an der Finanzierung abstimmen, nicht aber über die Gelder der anderen Projektpartner: der Stadt, der Bahn, des Bundes und der Region. Das Land müsste sich aus bestehenden Verträgen lösen und den anderen Vertragspartnern den entstandenen Schaden ersetzen.

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Bahn stoppt Bau:Ist die Mehrheit der Baden-Württemberger gegen Stuttgart 21?

Stuttgart 21 - Montagsdemonstration

Quelle: dpa

Es ist keineswegs sicher, dass Stuttgart 21 in einem Volksentscheid abgelehnt wird. Außerhalb Stuttgarts ist das Thema nach der Schlichtung nicht mehr so präsent. In Städten wie Ulm, die von der Schnellbahnstrecke profitieren würden, gibt es viele Befürworter. Die radikalen Parkschützer lehnen einen Volksentscheid ab - auch aus Angst vor einer Niederlage.

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Bahn stoppt Bau:Wie weit sind die Bauarbeiten?

Stuttgart 21 - Protest am Stuttgarter Bauzaun

Quelle: dpa

Der Nordflügel des alten Stuttgarter Hauptbahnhofs ist bereits abgerissen. Mehrere Bäume sind verpflanzt und Parkplätze geräumt worden. Insgesamt aber finden die Bauarbeiten seit dem Ende der vom CDU-Politiker Heiner Geißler geleiteten Schlichtungsgespräche im vergangenen November nur sehr reduziert statt. Geißler hatte als Kompromiss einen sogenannten Stresstest vorgeschlagen. Darin soll die Deutsche Bahn nachweisen, dass der geplante Tiefbahnhof mindestens 30 Prozent leistungsfähiger ist als der jetzige Kopfbahnhof. Gelingt dies nicht, muss die Bahn einige Änderungen am Projekt vornehmen.

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Bahn stoppt Bau:Wann liegen die Ergebnisse vor?

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Quelle: AP

Laut Bahn nicht vor Juni. Der Stresstest ist sehr aufwendig. Im Wesentlichen besteht er aus drei Phasen. In der ersten davon muss zunächst die derzeit vorhandene sowie die künftig geplante Infrastruktur komplett erfasst werden, also etwa sämtliche Gleise, Weichen und Signale. In der zweiten Phase wird auf diese Daten ein Fahrplan gelegt, wie er für das Jahr 2020 zu erwarten wäre. Dieser Teil des Stresstests läuft gerade. Im Mai soll dann die dritte Phase beginnen, bei der die Bahn modellhaft Züge fahren lässt und einen Fahrbetrieb simulieren wird. Dabei wird sie verschiedene Stör-Szenarien proben, also beispielsweise überprüfen, wie sich Signalstörungen oder Verspätungen auf den Betriebsablauf im neuen Bahnhof auswirken. Damit der Staatskonzern hier nicht tricksen kann, soll die gesamte Simulation von dem unabhängigen Schweizer Gutachterbüro SMA beaufsichtigt werden. Auf dieses Büro hatten sich Gegner und Befürworter von Stuttgart 21 im Rahmen der Schlichtungsgespräche geeinigt. Sollte die Simulation ergeben, dass der neue Bahnhof tatsächlich Engpässe verursachen wird, dann wäre zu überlegen, durch welche zusätzlichen Maßnahmen sie behoben werden können.

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Bahn stoppt Bau:Was ist mit der Rheintalstrecke?

Viergleisige Rheintalstrecke bei Baden-Baden

Quelle: dpa

Stuttgart 21 ist nicht das einzige umstrittene Bahnprojekt in Baden-Württemberg. Auch der geplante viergleisige Ausbau der Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel hat viele Anwohner protestieren lassen. Anders als bei Stuttgart 21 droht diesem Ausbau durch den Regierungswechsel allerdings nicht das Aus. Auch die Grünen befürworten ihn grundsätzlich, da er helfen soll, den starken Anstieg im Güterverkehr von Nord- nach Südeuropa zu bewältigen. Sie wollen ihn jedoch zu einem "Modellprojekt für einen anwohnerfreundlichen Schienenausbau" machen. So wollen sie jetzt zum Beispiel durch einen Güterzugtunnel in Offenburg den Lärmschutz verbessern.

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Bahn stoppt Bau:Wie reagiert das Bundesverkehrsministerium auf den Regierungswechsel?

Bundestag

Quelle: dapd

Zwar weilt Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) momentan in Brasilien, doch seinen Etat hat er auch von dort aus im Auge. So wies er sein Ministerium am Montag an, innerhalb von 24 Stunden die Auswirkungen der Wahlen auf Verkehrsprojekte des Bundes zu prüfen. Hintergrund ist, dass der Bund nach derzeitigem Stand die Hauptlast der 2,9 Milliarden Euro teuren Neubaustrecke Wendlingen-Ulm tragen muss. Für die Anbindung der Strecke an den neuen Tiefbahnhof würde er weitere 563 Millionen Euro zahlen. Sollte das Projekt gekippt oder grundlegend anders realisiert werden als bislang geplant, fühlt Ramsauer sich offenbar an seine Zusagen nicht mehr gebunden - und will das Geld dann anderweitig verwenden.

© SZ vom 29. März 2011/sueddeutsche.de/mikö/isch
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