Nach dem Terror in Mumbai:Indien droht mit "ernsthaften Konsequenzen"

Lesezeit: 3 min

Nach den Anschlägen in Mumbai nehmen die Spannungen zwischen den Erzrivalen Indien und Pakistan zu. Der indische Innenminister tritt zurück. Medien berichten, dass die Attentäter ihr Vorhaben bereits von langer Hand geplant haben.

Nach den Terroranschlägen in der westindischen Finanzmetropole Mumbai mit mehr als 180 Toten läuft die Suche nach den Hintermännern der beispiellosen Anschlagsserie auf Hochtouren.

Indische Soldaten in Mumbai: der Konflikt mit Erzrivale Pakistan nimmt zu. (Foto: Foto: AP)

Während die indische Regierung "Elemente" im Nachbarland Pakistan für die Terroraktion verantwortlich macht, warnte die Regierung in Islamabad am Samstag vor eilfertigen Beschuldigungen.

Wie der pakistanische Sender Dawn TV unter Berufung auf Regierungskreise in Islamabad weiter berichtete, hatte Indiens Außenminister Pranab Mukherjee der pakistanischen Führung in einem Telefonat mit "ernsthaften Konsequenzen" gedroht. Islamabad erwiderte, pakistanische Soldaten aus der Grenzregion zu Afghanistan abzuziehen und in andere Gebiete zu verlegen, falls die Spannungen mit dem indischen Nachbarn weiter steigen sollten.

Der pakistanische Außenminister Shah Mehmood Qureshi spielte Berichte über Spannungen mit Neu-Delhi allerdings herunter. Es gebe zwar gewisse Spannungen, er hoffe aber sehr, dass man dieses Problem im Verhältnis zwischen den beiden Ländern werde lösen können, sagte er am Samstag. In der Welt am Sonntag mahnte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier alle Seiten, "besonnen zu reagieren". Alles andere drohe die gesamte Region zu destabilisieren.

Indische Medien berichteten unter Berufung auf Sicherheitskreise, wurden die Angreifer von der von Pakistan aus operierenden Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba auf die Anschläge vorbereitet. Dies hätten Vernehmungen des einzig überlebenden Terroristen, dem 22-jährigen A.A. Kasav aus Faridkot in Pakistan, ergeben, berichtete der Sender CNN-IBN.

Dem Bericht zufolge habe Kasav außerdem ausgesagt, dass zwölf Terroristen von der pakistanischen Hafenstadt Karachi aus per Schiff in Richtung Mumbai gefahren seien. Wie CNN-IBN unter Berufung auf Geheimdienstinformationen weiter berichtete, hätten sie dann auf See ein anderes Schiff gekapert, die Besatzungsmitglieder getötet und den Kapitän gezwungen, sie nach Mumbai zu fahren.

Fünf Seemeilen vor der Stadt hätten sie dann auch den Kapitän umgebracht. Später seien auf dem vor der Küste treibenden Boot Funktelefone und Navigationsgeräte der Terroristen gefunden worden. In den Anruflisten der Telefone seien Gespräche mit Anschlüssen im afghanischen Dschalalabad und mehreren Orten in Pakistan verzeichnet, hieß es.

Wie der Sender NDTV unter Berufung auf Polizeiangaben berichtete, wurde die Anschlagsserie von langer Hand geplant. Eine andere Gruppe sei bereits vor vier Monaten nach Mumbai gereist, um alle möglichen Ziele gründlich auszukundschaften.

Nach einem Bericht der Zeitung Times of India sollen mehrere Terroristen auch in dem jüdischen Zentrum in Mumbai, das später zu einem der Hauptanschlagsziele wurde, für kurze Zeit gewohnt haben. "Sie haben im Nariman-Gebäude zur Miete gewohnt und sich als malaiische Studenten ausgegeben", zitierte die Zeitung eine namentlich nicht genannte Polizeiquelle. Auch dies hätten Vernehmungen Kasavs ergeben. Weiter hieß es, die Attentäter haben gezielt auch Juden und Israelis ins Visier genommen. Außerdem sei geplant gewesen, das Luxushotel Taj Mahal in die Luft zu sprengen.

Nach offiziellen Angaben gehen die Behörden bislang davon aus, das zehn Terroristen an den Anschlägen beteiligt waren. Neun von ihnen seien getötet worden. Sie hatten am Mittwochabend insgesamt zehn Ziele angegriffen, darunter die beiden Luxushotels Taj Mahal und Oberoi Trident, das jüdische Gemeindezentrum, einen Bahnhof und ein Krankenhaus.

Dabei wurden mindestens 183 Menschen getötet und 239 verletzt. Unter den etwa 20 toten Ausländern sind nach Angaben des indischen Außenministeriums auch drei Bundesbürger. Zu den Anschlägen hatte sich eine bislang unbekannte muslimische Gruppe namens Deccan Mudschaheddin bekannt. Indien vermutet aber, dass die Lashkar-e-Toiba hinter der Bluttat steckt.

Bei den dreitägigen Kämpfen mit den Terroristen seien mehr als 600 Geiseln befreit worden, teilte die indische Regierung mit. Allein aus dem Taj Mahal, wo sich die letzten Attentäter verschanzt hatten, seien am Samstag 400 Geiseln befreit worden.

Die Terroristen wollten nach Überzeugung des Vize-Premierministers im Bundesstaat Maharashtra ein noch viel größeres Blutbad mit Tausenden von Toten anrichten. "Wir haben dermaßen viel Munition bei ihnen gefunden - es ist offensichtlich, dass sie vorhatten, 5000 Menschen umzubringen", sagte R.R. Patil nach Berichten der Agentur PTI.

Indiens Innenminister Shivraj Patil zog indes die Konsequenzen aus den Terroranschlägen: Fernsehberichten zufolge reichte er seinen Rücktritt ein. Patil habe Ministerpräsident Manmohan Singh sein Abdankungsgesuch übergeben, berichteten die drei größten TV-Sender des Landes am Sonntag übereinstimmend. Ob der Regierungschef den Rücktritt annahm, blieb zunächst unklar.

Patil war nach der Terrorserie in die öffentliche Kritik geraten. Ihm wurde ein zögerliches Krisenmanagement und ein Versagen der Geheimdienste vorgeworfen. Die Regierung kündigte an, die Sicherheitsmaßnahmen massiv zu verschärfen. Sie würden auf ein kriegsähnliches Niveau erhöht wie es Indien noch nie erlebt habe.

© dpa/Reuters/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: