Nach dem Rücktritt:"Jung geht, die Krise bleibt"

In Berlin herrscht Erleichterung über den Rücktritt von Minister Franz Josef Jung. Die Opposition besteht aber weiter auf einem Untersuchungsausschuss und sieht Schwarz-Gelb in der Krise.

Auch nach dem Rücktritt von Arbeitsminister und Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) besteht die Opposition auf der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. "Wir wollen, dass diese Vorgänge lückenlos aufgeklärt werden", erklärten die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin in Berlin.

Nach dem Rücktritt: Auch nach dem Rücktritt Franz Josef Jungs fordert die Opposition einen Untersuchungsausschuss.

Auch nach dem Rücktritt Franz Josef Jungs fordert die Opposition einen Untersuchungsausschuss.

(Foto: Foto: Getty Images)

Deshalb solle sich der Verteidigungs- als Untersuchungsausschuss konstituieren, um die Hintergründe des Luftangriffs in Afghanistan von Anfang September aufzuklären. Vom amtierenden Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) werde eine "rückhaltlose Offenheit" erwartet, forderten Trittin und Künast.

Ähnlich äußerten sich die Sozialdemokraten. "Ein Untersuchungsausschuss hat sich damit natürlich nicht erledigt", sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Thomas Oppermann.

Der verteidigungspolitischer Sprecher der Linken, Paul Schäfer, erklärte: "Der Minister geht, der Aufklärungsbedarf bleibt." Die Tragweite der Verfehlungen und die bisher errichtete Nebelwand erforderten die weitreichenden Befugnisse eines Untersuchungsausschusses. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sagte: "Die Kanzlerin muss sich fragen lassen, warum es erst erheblichen Druck der Opposition und der Öffentlichkeit bedurfte, bis in ihrem Kabinett politische Verantwortung übernommen wurde."

Nahles: Regierung in der Krise

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sieht die schwarz-gelbe Koalition nach dem Rücktritt in einer Regierungskrise. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe schlechtes Krisenmanagement geleistet und Jung einfach "weiter wurschteln lassen", sagte sie. Auch die Grünen erklärten, der "Fehlstart" der neuen Bundesregierung setze sich fort: "Jung geht, Merkels Krise bleibt."

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) meinte, die Entscheidung Jungs verdiene Respekt. "Ich möchte ihm für seine Arbeit als Bundesminister danken." Die Diskussion der vergangenen Tage ändere aber nichts daran, dass der deutsche Einsatrz in Afghanistan "nötig ist und bleibt".

Der hessische Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Roland Koch bezeichnete den Rücktritt Jungs als "außerordentlich respektablen Schritt". "Die Ereignisse der letzten 36 Stunden und insbesondere der Amtsverzicht meines Freundes Franz Josef Jung gehen mir auch persönlich sehr nahe", sagte Koch.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erklärte, der Rücktritt verdiene "Achtung und Respekt". Mit dem Schritt übernehme Jung die politische Verantwortung für die Informationspolitik des Bundesverteidigungsministeriums. "Franz Josef Jung hat sich um unser Land und die Bundeswehr verdient gemacht."

Die Anwälte der Opfer des Luftangriffs auf zwei Tanklastzüge in Afghanistan haben indes ihre Entschädigungsforderungen an die Bundesregierung erneuert. Bislang habe das Verteidigungsministerium nicht auf das Angebot reagiert, außergerichtliche Gespräche über Schadenersatz zu führen, sagte der Frankfurter Rechtsanwalt Oliver Wallasch.

Nach der Entlassung von Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und dem Rücktritt von Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) gehe er jedoch fest davon aus, dass die Regierung in einen "konstruktiven Dialog" eintreten werde, sagte Wallasch.

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