Nach dem EU-Referendum:Johnson will EU-Gegnerin Leadsom als Premier

Andrea Leadsom, a candidate to succeed David Cameron as British prime minister, speaks at a news conference in central London

Andrea Leadsom will Nachfolgerin von Parteichef und Premier David Cameron werden. Die Unterstützung von Boris Johnson hat sie.

(Foto: REUTERS)
  • Londons ehemaliger Bürgermeister Boris Johnson unterstützt Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom in ihrer Bewerbung als Nachfolgerin von Premierminister David Cameron.
  • Nach Aussage des britischen Außenministers Philip Hammond könnten informelle Brexit-Gespräche mit der EU im Gegensatz zur bisherigen Position der Regierung bereits kommende Woche beginnen.
  • Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling glaubt trotz der Mehrheit bei dem Referendum für den Brexit nicht an einen tatsächlichen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union.

Der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson hat sich im Rennen um die Nachfolge von Premierminister David Cameron hinter die Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom gestellt. Sie habe den nötigen "Schwung, Tatkraft und Entschlossenheit", die der nächste Regierungschef des Landes benötige, erklärte Johnson am Montagabend. Der Brexit-Befürworter stellte sich damit hinter eine Kandidatin, die ebenfalls zu den führenden Vertretern des "Leave"-Lagers gehörte. Leadsom sagte, sie werde den EU-Austritt des Landes "hart verhandeln".

Leadsom hofft ebenso wie vier weitere Kandidaten darauf, Cameron als Parteichef der Konservativen und damit auch als Regierungschef beerben zu können. Cameron, der seit 2010 Premierminister ist, hatte nach dem EU-Referendum seinen Rücktritt vor Oktober angekündigt. Johnson selbst, der als wahrscheinlichster Nachfolger galt, hatte überraschend erklärt, er werde nicht für den Posten kandidieren, weil er "nicht die richtige Person" für diese Aufgabe sei. Als aussichtsreichste Kandidatin gilt allerdings Innenministerin Theresa May. Sie hat zwar für den Verbleib in der EU geworben, diese aber auch immer wieder kritisiert.

Britischer Außenminister will informelle Gespräche schon nächste Woche

Informelle Brexit-Gespräche mit der EU könnten nach den Worten des britischen Außenministers Philip Hammond bereits kommende Woche beginnen. Dabei solle es um die späteren Beziehungen zwischen London und Brüssel gehen. Zugleich rief Hammond die Gemeinschaft auf, ihre Forderung zu revidieren, wonach es keine Gespräche vor einem formellen britischen Austrittsgesuch nach Artikel 50 des Lissabon-Vertrages geben könne. Bereits jetzt mit Gesprächen zu starten, könne etwa die Unsicherheit über die Zukunft der EU-Bürger in Großbritannien beenden, sagte Hammond. Das britische Parlament ist in der Frage uneins, ob die etwa drei Millionen EU-Bürger bleiben dürfen, wenn das Land die EU verlässt.

London betont derzeit, formelle Verhandlungen mit der EU könne erst eine neue Regierung führen, die vermutlich erst im Spätsommer oder im Herbst im Amt sein dürfte. Dagegen drängt Brüssel auf schnellen Beginn und ist gegen jede Verzögerung. Der Austrittsprozess dürfte ohnehin etwa zwei Jahre dauern.

Österreichs Finanzminister glaubt nicht an EU-Austritt

Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling glaubt allerdings trotz der Mehrheit bei dem Referendum für den Brexit nicht an einen tatsächlichen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. "Großbritannien wird auch in Zukunft Mitglied bleiben", sagte der ÖVP-Politiker dem Handelsblatt. "Auch in fünf Jahren werden es noch 28 Mitgliedsstaaten sein." Die Aussagen des Chefs des europäischen Rettungsschirms ESM und auch der britischen Regierungsspitze, vorerst keine Eile mit der Einreichung des Antrags zu haben, ließen darauf schließen.

Laut Schelling könnte ein anderes Modell ein "Teil-Brexit" sein. "Das heißt, nur England tritt aus der EU aus und Schottland sowie Nordirland bleiben weiterhin EU-Mitglieder", sagte der Minister. Was aus Wales werden sollte, wo die Menschen ebenfalls mehrheitlich für den Austritt gestimmt haben, erklärte er nicht.

Bei dem Referendum am 23. Juni hatten die Bürger des Vereinigten Königreichs insgesamt mit einer Mehrheit von 52 Prozent entschieden, die EU zu verlassen.

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