Nach Debakel um Berliner Flughafenbau:Wowereit lehnt Rücktritt ab

"Ich gehöre zu denjenigen, die nicht weglaufen": Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit weist Rücktrittsforderungen zurück. Die Opposition geht nach der mehrfach verschobenen Eröffnung des Flughafens Berlin-Brandenburg hart mit Wowereit ins Gericht. Die ganze Welt mache sich über Berlin lustig.

Nach dem Desaster um den Hauptstadtflughafen hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Rücktrittsforderungen erneut zurückgewiesen. "Ich gehöre zu denjenigen, die nicht weglaufen und sich der Verantwortung stellen", betonte der 59-Jährige in einer kämpferischen Rede in einer Sondersitzung des Berliner Abgeordnetenhauses. Ein Rücktritt sei für ihn nicht die schlimmste Konsequenz. Es sei viel komplizierter, jetzt weiter Verantwortung zu übernehmen.

Angesichts zahlreicher Rücktrittsforderungen räumte Wowereit ein, dass er in dieser Krise "selbstverständlich überprüft" habe, ob er weitermachen könne und wolle. In seiner Rede gestand der Regierende Bürgermeister Fehler ein, persönliche jedoch nicht. Er wies erneut den Vorwurf zurück, er habe bereits am 18. Dezember gewusst, dass der Starttermin am 27. Oktober 2013 nicht zu halten sei. Es war bereits die vierte Verschiebung.

Wowereit bedauerte, dass der zuletzt geplante Eröffnungstermin nicht gehalten werden könne. Dadurch verstärke sich die entstandene Vertrauenskrise in die Politik. Es gehe nun darum, Vertrauen zurückzugewinnen.

Entscheidung über Misstrauensantrag am Samstag

Die Opposition hat einen Misstrauensantrag gegen Wowereit eingebracht, um ihn zu stürzen. Über den Antrag wird am Samstag in einer weiteren Sondersitzung abgestimmt.

Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop warf Wowereit vor, politische Verantwortung zu verweigern. Inzwischen mache sich die ganze Welt über Berlin lustig. "Das tut weh." Wowereit tue so, als sei der Posten des Flughafen-Aufsichtsratschefs nur ein Schirmherr. Er beanspruche andere Maßstäbe für sich und wolle nur die glanzvollen Dinge mitnehmen.

Dennoch zollte die Grünen-Politikerin Wowereit auch Anerkennung. Er habe seinen Beitrag für Berlin als weltoffene und tolerante Stadt geleistet. "Vor Ihren Leistungen in den vergangenen elf Jahren habe ich durchaus Respekt", sagte die Grünen-Fraktionschefin. "Aber diese Leistungen verspielen Sie im Moment."

Koalition stärkt Wowereit den Rücken

Linken-Fraktionschef Udo Wolf sagte, Gründe für Misstrauen gegen die rot-schwarze Koalition gebe es haufenweise. "Sie glauben selbst nicht mehr daran, dass Sie die Probleme in den Griff bekommen", warf er Wowereit vor. Er habe mehr Willen zu Klarheit und Wahrheit vom Senat erwartet.

Die Mitglieder der rot-schwarzen Koalition stellten sich hinter den Regierungschef. "Wir stehen geschlossen zu dieser Koalition", sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf. Es gebe eine handfeste Flughafenkrise, aber keine Regierungskrise.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh kündigte angesichts der massiven Probleme um den Flughafen eine personelle, planerische und finanzielle Neuausrichtung an. Er warf der Opposition vor, das "im Kern technische Problem" beim Flughafen ausschließlich an Wowereit festzumachen. Ihr Misstrauensantrag richte sich aber gegen den erfolgreichen rot-schwarzen Senat mit Überschüssen im Haushalt und der niedrigsten Arbeitslosenquote seit der Jahrtausendwende. "Ich bin stolz auf diese Koalition", betonte der SPD-Fraktionschef.

Wowereit will als Vorsitzender des Aufsichtsrates zurücktreten. Der Vorsitz soll am kommenden Mittwoch an den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) übergehen, seinen bisherigen Stellvertreter, der aber als Nachfolger ebenfalls umstritten ist. Platzeck will dazu am kommenden Montag die Vertrauensfrage im brandenburgischen Landtag stellen.

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