Unruhen in Syrien:USA und EU drohen mit Sanktionen

Der internationale Druck auf den syrischen Staatschef Assad steigt. Westliche Staaten denken über mögliche Strafen gegen das Regime nach. Deutschland und die USA drängen ihre Staatsbürger angesichts anhaltender Kämpfe zur schnellen Ausreise aus Syrien.

Angesichts der anhaltenden Gewalt syrischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten steigt der internationale Druck auf die Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Sowohl die USA als auch die EU erwägen Sanktionen gegen das arabische Land. Die Botschafter der EU-Mitgliedsländer wollten sich bald treffen, um entsprechende Maßnahmen zu diskutieren, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel.

Unruhen in Syrien: Panzer rücken in Daraa ein: Ein Bild aus einem Video, das am Ostermontag ins Internet gestellt wurde.

Panzer rücken in Daraa ein: Ein Bild aus einem Video, das am Ostermontag ins Internet gestellt wurde.

(Foto: AFP)

Die USA hatten zuvor das brutale Vorgehen des Militärs in Syrien mit Hunderten Toten scharf verurteilt und dem Regime in Damaskus mit "gezielten Sanktionen" gedroht. Die US-Führung prüfe eine Reihe von Optionen, sagte ein Regierungssprecher im Weißen Haus.

Auch die deutsche Bundesregierung zeigte sich über die Eskalation besorgt: Guido Westerwelle hat den Botschafter Syriens noch für Dienstag ins Auswärtige Amt einbestellt, um ihm die deutsche Forderung nach einem Ende der Gewalt gegen die Demonstranten "in aller Deutlichkeit zu übermitteln", wie der Außenminister erklärte. Der UN-Sicherheitsrat und der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen müssten sich angesichts der angehaltenden Gewalt mit der Lage in Syrien befassen, forderte Westerwelle. Auch die Beziehungen der Europäischen Union zu Syrien müssten "auf den Prüfstand gestellt werden".

Frankreich, Portugal und Großbritannien bereiten offenbar bereits eine Erklärung zu Syrien für den UN-Sicherheitsrat vor: Ein UN-Diplomat sagte CNN zufolge, die drei EU-Länder hätten sich auf einen Entwurf verständigt, in dem die Gewalt verurteilt und zudem der Ruf des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moons nach einer unabhängigen Untersuchung der Vorgänge in Syrien unterstützt werde. Bereits am Dienstag könnte der Sicherheitsrat eine solche Erklärung verabschieden, sagte der UN-Diplomat.

Der britische Außenminister William Hague sagte, seine Regierung bemühe sich "gemeinsam mit unseren internationalen Partnern, die syrische Regierung zu einem Stopp des gewaltsamen Vorgehens zu bewegen". Auch das französische Außenministerium verlangte "starke Aktionen" von UN und EU. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sprach nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi in Rom von einer "nicht mehr hinnehmbaren Situation" in Syrien. Frankreich und Italien forderten von der syrischen Regierung ein Ende der Unterdrückung friedlicher Demonstrationen. Zudem müssten die versprochenen Reformen in Syrien eingeleitet werden.

Das Auswärtige Amt rät zur Ausreise

Nach Angaben eines Menschenrechtsaktivisten gingen die syrischen Sicherheitskräfte am Dienstag erneut mit Gewalt gegen die Demonstranten in der Stadt Deraa vor. "Die Schüsse auf die Einwohner gehen weiter", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Eine Moschee werde beschossen, auf einem anderen Gebetshaus sei ein Scharfschütze positioniert.

Ein Bewohner von Deraa behauptete laut AP, dass die Einwohner der Stadt Opfer eines Massakers würden. Nachdem am Montag das Militär in Deraa einmarschiert war, lägen immer noch Tote in den Straßen. "Kinder werden getötet. Wir haben seit drei Tagen keinen Strom. Wir haben kein Wasser", sagte der Syrer.

Am Montag waren nach Augenzeugenberichten Tausende Soldaten unterstützt von Panzern und Scharfschützen in die südliche Stadt Deraa, eines der Zentren des Aufstands eingerückt. Dort eröffneten sie das Feuer auf Zivilisten, Augenzeugen zufolge wurden mindestens 20 Menschen getötet. Amnesty International berichtete von mindestens 23 Toten. Die Menschenrechtsorganisation sprach von einer "brutalen Reaktion auf die Forderungen des Volkes".

Das Auswärtige Amt rät deutschen Staatsbürgern wegen der anhaltenden Unruhen inzwischen, Syrien zu verlassen. Alle Deutschen, die sich in dem Land aufhielten, sollten versuchen, mit Linienflügen auszureisen, "so lange dies noch möglich und sicher ist". Von Reisen nach Syrien wird in den Reise- und Sicherheitshinweisen auf der Internetseite des Ministeriums dringend abgeraten.

Das amerikanische Außenministerium hat die US-Bürger in Syrien ebenfalls dazu aufgefordert, das Land zu verlassen. Auch Mitarbeiter der US-Botschaft, die nicht unbedingt vor Ort erforderlich seien, und Familienangehörige des Botschaftspersonals seien angewiesen worden, abzureisen, berichteten US-Medien.

Die Botschaft in Damaskus werde geöffnet bleiben, aber die Dienstleistungen würden eingeschränkt. Das Außenministerium forderte alle US-Bürger dringend auf, nicht in den von Unruhen erschütterten Nahoststaat zu fahren. Diejenigen, die sich in Syrien befänden, sollten abreisen, solange es noch Verkehrsverbindungen gebe.

"Bis Gründonnerstag waren Reisende unbehelligt"

Einer der deutschen Veranstalter, der Syrienreisen anbietet, ist Studiosus. In der vergangenen Woche waren dessen Gäste regulär aus dem Land ausgereist, so dass sich aktuell keine Studiosus-Reisenden mehr im Land aufhalten. "Bis Gründonnerstag haben die Urlauber abseits der Unruhestädte nichts von dem Aufruhr mitbekommen, nur ein paar Pro-Assad-Demonstrationen - und auf diese wurde natürlich nicht geschossen", sagt Edwin Doldi, Sicherheitsmanager bei dem Studienreisen-Anbieter.

In täglicher Absprache mit den Reiseleitern hatte man sich entschlossen, die Gäste regulär bis vergangenen Donnerstag in Syrien weiter reisen zu lassen. "Hätte sich die Lage drastisch verschärft, hätten wir sie vorher schon rausgeholt, zur Not über die Türkei", so Doldi. Rückblickend sei die Abreise am Gründonnerstag gerade noch rechtzeitig erfolgt: Am Karfreitag eskalierte die Lage, "dann hätten wir die Tour abbrechen müssen".

In diesem Jahr hatte Studiosus mit etwa 2000 Studienreisenden in Syrien gerechnet, doch allein bis Mitte Mai musste man 400 Kunden absagen. Mitte September sollten die nächsten Reisen beginnen, die aber gestrichen werden, verbessert sich die Lage nicht wesentlich.

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