Nach Amoklauf:Schäuble gegen Metalldetektoren und schärfere Gesetze

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"Man muss sich mal vorstellen, wenn Kinder unter solchen Verhältnissen aufwachsen würden": Nach dem Amoklauf von Winnenden warnt Innenminister Schäuble vor falschen Konsequenzen.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble lehnt eine Verschärfung des Waffenrechts oder die Aufstellung von Metalldetektoren an Schulen nach dem Amoklauf von Winnenden ab. "Man muss sich mal vorstellen, wenn Kinder unter solchen Verhältnissen aufwachsen würden, was das für Folgen hätte", sagte der CDU-Politiker in einem Reuters-Interview.

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Entsetzen, Fassungslosigkeit und die Frage nach dem Warum: In einer Realschule im schwäbischen Winnenden tötet ein jugendlicher Amokläufer 16 Menschen - darunter neun Schüler.

"Das ist doch absurd. Ich glaube, es hilft uns gar nichts." Besser als ständige Forderungen nach schärferen Gesetzen sei eine Debatte darüber, ob die Gesellschaft wirklich so viel Gewalt in ihren Medien haben wolle. Außerdem existiere das Problem der Killerspiele. "Was sagt uns das, dass junge Menschen so wild zur Gewalt neigen?", fragte Schäuble.

Vielleicht gebe es einen Zusammenhang mit der zunehmenden Gewalt in den Medien. Deren Maßstab sei aber die Zuschauer-Quote. "Es ist also eine Frage an uns alle in der Gesellschaft", betonte Schäuble. "Ist es eigentlich wirklich sinnvoll, dass regelmäßig Samstagabend in ARD oder ZDF ab 22.00 Uhr ein Boxkampf gezeigt wird? Ein Kampf, von dem selbst Sportinteressierte in aller Regel nicht einen einzigen Namen der Kämpfer kennen?"

Die Sender nähmen die Boxkämpfe ins Programm, weil das Zuschauerinteresse größer sei als bei jedem anderen Angebot. "Da prügeln zwei Menschen aufeinander ein, und hinterher klagen wir über die Zunahme von Gewalt", bemängelte der Minister. Auch in Actionfilmen knalle es dauernd. In den Medien setze sich immer der stärkere Reiz durch. "Früher war es Sex. Heute scheint Gewalt der neue Reiz zu sein", sagte Schäuble.

Das heiße aber nicht, dass der Staat alles reglementieren müsse. "Ich glaube, dass Selbstheilungsprozesse besser sind", erklärte der Minister. "Freiheit heißt auch Verantwortung. Das heißt auch selbstakzeptierte Begrenzung." Eingriffe des Staates seien eine Ultima Ratio, der Staat könne nicht wirklich Moral vermitteln.

Den Amoklauf in der Kleinstadt Winnenden nannte Schäuble ein unvorstellbares Ereignis. "Ich denke gerade an die Eltern des Täters. Wenn man sich vorstellt: Dies ist ein junger Mensch, der nicht auffällig war", sagte der Minister. "Und dann kommt er an die Waffe ran, hat eine Masse Munition dabei, geht in die Schule und schießt, schießt, schießt. Er hätte ja noch weit mehr Menschen erschießen können." Man sei fassungslos, wie so etwas geschehen könne. Dabei sei es ein Glück gewesen, dass die Polizei so schnell vor Ort war. Wahrscheinlich hätten die Beamten den 17-jährigen Täter davon abgehalten, noch mehr Schüler und Lehrer umzubringen.

Forderungen nach einer Verschärfung des Waffenrechts lehnte Schäuble dennoch ab. "Ich kann nicht erkennen, welche Änderung des Waffenrechts irgendetwas dazu beitragen könnte, das Problem zu lösen", betonte er. Derartige Forderungen seien nicht hilfreich und verängstigten mehr, als sie nutzten. Es sei denn, man verbiete alle Waffen oder man sorge dafür, dass es keine mehr gebe. "Das ist aber nicht wirklich seriös", warnte Schäuble. "Der Schützenverband ist der zweitmitgliederstärkste deutsche Sportverband. Und die Jagd ist ein alter Teil der menschlichen Zivilisation."

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