Mutmaßlicher Chemiewaffen-Angriff:UN-Inspekteure verlassen Syrien am Samstag

Zwei Tage sollen sie noch nach Giftgas-Spuren suchen - am Samstagmorgen werden die Chemiewaffen-Experten der Vereinten Nationen Syrien verlassen. Doch was folgt dann? Die USA rüsten im Mittelmeer bereits auf, jetzt verlegen auch Russland und Großbritannien Kriegsgerät in die Region.

Die UN-Inspekteure in Syrien werden nach den Worten von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Land am Samstagmorgen verlassen. Am Freitag sollten die Untersuchungen noch weiterlaufen, sagte Ban in Wien. Die Chemiewaffen-Experten würden ihm Bericht erstatten, sobald sie Syrien verlassen hätten.

Die Inspekteure der Vereinten Nationen setzten am Donnerstag ihre Arbeit im Umland der syrischen Hauptstadt Damaskus fort. Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad meldeten, das Team sei am Vormittag in den Bezirk Al-Ghuta Al-Scharkija gefahren. Es war für die Experten, die nach den Spuren eines Giftgas-Angriffs suchen, der dritte Tag im Feld.

Ban sagte, er habe mit US-Präsident Barack Obama über die Lage in Syrien gesprochen. Es sei unter anderem darum gegangen, wie man die Untersuchungen beschleunigen könnte. "Ich habe auch meinem ernsthaften Wunsch Ausdruck verliehen, dass das Untersuchungsteam seine Arbeit fortsetzen kann", sagte Ban. Er habe Obama versichert, dass die Inspekteure alle Ergebnisse mit der Staatengemeinschaft teilen würden.

Aufrüstung im Mittelmeer

Nach den USA verlegt nun auch Russland schwere Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer. Der Raketenkreuzer (Lenkwaffenkreuzer) Moskwa sowie ein U-Boot-Abwehrschiff sollten sich zum Schutz der russischen Marinebasis in der syrischen Hafenstadt Tartus vor der Küste bereithalten, sagte ein Sprecher der Kriegsmarine am Donnerstag der Agentur Interfax in Moskau. Auch der Lenkwaffenkreuzer Warjag soll demnächst Kurs in das Gebiet nehmen.

"Die sich zuspitzende Lage in der Region erfordert eine verstärkte Präsenz", sagte der namentlich nicht genannte Mitarbeiter. Russland als Partner des syrischen Regimes hatte betont, sich an möglichen Kampfhandlungen in dem Bürgerkriegsland nicht beteiligen zu wollen.

Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete allerdings, die geplanten Veränderungen bei der Marine stünden in keinem Zusammenhang mit dem internationalen Disput über Syrien. Es handle sich um eine "geplanten Austausch" von Armeekräften, meldete die Agentur unter Berufung auf ein ranghohes Mitglied der Marineführung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgefordert, seine Position im Syrien-Konflikt zu überdenken. "Die Bundeskanzlerin warb gegenüber dem russischen Präsidenten dafür, die Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat für eine schnelle, einmütige internationale Reaktion zu nutzen", teilte die Bundesregierung nach einem Telefonat der beiden am Donnerstag mit.

Auch die britische Armee rüstet im Mittelmeer auf: Sechs Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter Typhoon wurden auf eine Luftwaffenbasis auf Zypern verlegt. Der Stützpunkt Akrotiri ist ein eigenes britisches Hoheitsgebiet. Die Flugzeuge seien "in Zeiten erhöhter Spannungen" als "Vorsichtsmaßnahme" auf Zypern stationiert worden, um das britische Hoheitsgebiet zu schützen. Sie seien nicht Teil militärischer Maßnahmen gegen Syrien, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Die Kampfjets sollen im Ernstfall feindliche Flugzeuge abfangen. Akrotiri liegt nur 200 Kilometer Luftlinie von Syrien entfernt.

Iran droht mit Zerstörung Israels

Syriens Präsident Assad gibt sich angesichts einer drohenden internationalen Militärintervention unbeugsam. Sein Land werde sich gegen jegliche Aggression verteidigen, zitierte das Staatsfernsehen den Machthaber am Donnerstag. Die Androhung eines direkten Angriffs auf Syrien werde "den unabhängigen Willen unseres Volkes" nur noch stärken, sagte Assad.

Iran hat vor einer Zerstörung Israels im Falle eines US-Militärschlags gegen Syrien gewarnt. "Ein Angriff auf Syrien würde die unmittelbare Zerstörung Israels bedeuten", sagte der Chef der mächtigen Revolutionsgarden, Mohammed Ali Dschafari, in einem Interview der Nachrichtenagentur Tasnim. Zugleich drohte er den USA mit verheerenden Folgen für sie selbst. Syrien würde zu einem "gefährlicheren und tödlicheren Schlachtfeld als der Vietnam-Krieg".

Der Israel-feindliche Iran ist der wichtigste regionale Verbündete der syrischen Führung. Er hat den syrischen Rebellen vorgeworfen, hinter dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in der vergangenen Woche zu stecken, bei dem Hunderte Menschen umgekommen sein sollen.

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