Mursis Wutrede:Iran übersetzt Syrien mit Bahrain

So viel Kritik war selten. Auf dem Treffen der blockfreien Staaten in Teheran wetterte Ägyptens Präsident Mursi gegen Irans Verbündeten Syrien. Beim Volk kam davon aber wenig an. Im staatlichen Fernsehen war nur von einem Golfemirat die Rede.

Es war ein denkwürdiger Auftritt des neuen ägyptischen Präsidenten: Nach mehr als 30 Jahren besuchte mit Mohammed Mursi vergangene Woche erstmals wieder ein Staatschef aus Kairo Iran. Beim Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten hielt der neu gewählte Präsident Ägyptens eine Rede, die von sämtichen staatlichen Medien Irans live übertragen wurde. Doch anders als vom Gastgeber erwartet, waren die Worte des Staatschefs wenig schmeichelhaft für Teheran.

Egypt's President Mohamed Mursi shakes hands with Iran's President Mahmoud Ahmadinejad during the 16th summit of the Non-Aligned Movement in Tehran

Ägyptens Präsident Mursi (links) gemeinsam mit dem iranischen Staatchef Ahmadinedschad: Auf der von Iran ausgerichteten Veranstaltung brüskierte Mursi die Führung in Teheran. Jetzt gibt es neuen Ärger.  

(Foto: REUTERS)

Mursi wetterte ausgerechnet gegen Irans Verbündeten Syrien, nannte Präsident Baschar al-Assad einen "Unterdrücker" und forderte Unterstützung für die Rebellen. Die syrische Delegation, ebenfalls bei dem Staaten-Treffen anwesend, verließ wütend den Saal.

Doch damit ist der Wirbel um die - von den Syrien-Gegnern gelobte - Rede des neuen Staatschefs nicht vorbei. Ob gewollt oder nicht gewollt - offenbar wurde bei der Übertragung von Mursis Rede in den amtlichen iranischen Medien das Wort "Syrien" mit "Bahrain" übersetzt, wie eine saudische Nachrichtenagentur berichtet. Damit kritisierte Mursi also nicht das Assad-Regime, sondern das Golfemirat Bahrain. Dort regiert ausgerechnet ein sunnitisches Königshaus über die mehrheitlich schiitische Bevölkerung, was wiederum dem von Schiiten dominierten Iran nicht gefällt.

Bahrain spricht von "Fälschung und Betrug"

Die Außenminister des Golf-Kooperationsrates (GCC), dem neben Bahrain unter anderem auch Saudi-Arabien angehört, verurteilten Iran inzwischen für die fehlerhafte Übersetzung scharf. Bahrain fordert eine Entschuldigung aus Teheran. Für das Land ist klar, dass es sich um einen bewusst falsche Übersetzung handelt. In der Mitteilung des Außenministeriums aus Manama war von "Fälschung und Betrug" die Rede.

Selbst in Irans Medien, die zensiert werden, wird die fehlerhafte Wiedergabe als plumper Propagandatrick gewertet. Die Zeitung Ebtekar schrieb: "Ist es den Medien und ihren Übersetzern politisch, moralisch oder gar rechtlich gestattet, die Reden eines Präsidenten so zu übersetzen, wie es ihnen in den Kram passt? Dies beschädigt die Glaubwürdigkeit unserer Medien und überschattet den Erfolg der Blockfreien-Konferenz."

Mehrere staatliche Sender hatten die Eröffnungssitzung des Gipfeltreffens der Blockfreienbewegung mit Mursis Rede live übertragen, darunter zwei auf Farsi - der Nachrichtensender Irinn und der Erste Kanal. Bei Irinn, der auf die amtlichen Übersetzer der Konferenz zurückgriff, war korrekt von Syrien und nicht von Bahrain die Rede. Der Erste Kanal, der offenbar mit eigenen Dolmetschern arbeitete, soll dagegen von Bahrain gesprochen haben. Der Sender hat landesweit die meisten Fernsehzuschauer.

Die Verwechslung von Syrien und Bahrain war aber offenbar nicht der einzige Fehler bei der Übersetzung ins Persische. Auch andere Passagen in Mursis Rede, die für Teheran heikle Themen ansprachen, wurden in der persichen Übersetzung "umgearbeitet", wie arabische Medien durch einen Vergleich zwischen Original und persischer Fassung herausfanden.

Als der ägyptische Präsident vom "arabischen Frühling" sprach, wurde daraus ein den Angaben zufolge "islamisches Erwachen" - die Formel, die das Regime in Teheran verwendet, um den demokratischen Charakter der arabischen Revolutionen zu leugnen und ihnen eine islamistische Stoßrichtung zu unterstellen. Aus Mursis Zitat: "Wir erklären unsere Solidarität mit dem syrischen Volk gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung" soll folgender Satz übersetzt worden sein: "Wir erklären unsere Solidarität mit dem syrischen Volk gegen die Verschwörung."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: