Moscheeverband:Spion im Nebenjob

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In der Spitzelaffäre erhöhen Politiker aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen den Druck auf die Ditib. Auch Innenminister de Maizière empfiehlt dem Moscheeverband "dringend", eine von der Türkei unabhängige Rolle zu finden.

Im Streit um Spitzelvorwürfe gegen Imame der Ditib verlangt die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann von dem Moschee-Verband eine Stellungnahme binnen zwei Wochen. "Aufgrund der ungeheuerlichen Spitzelvorwürfe, die jetzt vom Generalbundesanwalt untersucht werden, ist Unruhe entstanden", sagte die Grünen-Politikerin der Rheinischen Post. Um den islamischen Religionsunterricht in den Schulen nicht zu belasten, habe sie die türkisch-islamische Union Ditib aufgefordert, ihren Sitz im Beirat ruhen zu lassen, bekräftigte Löhrmann. Dem NRW-Verfassungsschutz liegen Berichte mit den Namen von angeblichen Gülen-Anhängern vor, die Religionsattachés der türkischen Generalkonsulate in Köln, Düsseldorf und München an die türkische Religionsbehörde Diyanet gerichtet haben. Gelistet sind elf Institutionen und 28 Personen, unter ihnen auch Lehrer aus NRW. Es besteht der Verdacht, die Listen seien von Ditib-Imamen erstellt worden. Der in den USA lebende Prediger Fethullah Gülen gilt in der Türkei als Staatsfeind, seine Anhänger werden rigoros verfolgt.

Ein Ditib-Sprecher erklärt, spionierende Imame seien kein "strukturelles Problem"

Löhrmann hatte bereits am Mittwoch von einem "Vertrauensverlust" gesprochen und von der Ditib zügig Aufklärung verlangt. Der achtköpfige Beirat gibt seine Zustimmung zu Lehrplänen für den islamischen Religionsunterricht an den Schulen in NRW und ist an der Genehmigung von Lernmitteln beteiligt. Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) hatte jüngst schnelle und eindeutige Schritte verlangt, mit denen sich Ditib von der türkischen Regierung und der Diyanet lösen solle.

Auch andere Politiker erhöhen den Druck. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte in einem Brief an den Ditib-Landesvorsitzenden Yilmaz Kilic: "Die Landesregierung könnte nicht akzeptieren, wenn nun auch die Vorstandsstrukturen von Ditib Niedersachsen aus der Türkei kontrolliert werden sollten." Sicherheitsbehörden verdächtigen einen Imam aus Braunschweig als Spitzel für die Türkei gearbeitet zu haben. Eine Staatsferne von Ditib Niedersachsen sei Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit, so Weil. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) empfehle dem Dachverband in der Passauer Neuen Presse "dringend", eine von der Türkei unabhängige Rolle zu finden und sich nicht von der politischen Einflussnahme oder Instrumentalisierung aus Ankara abhängig zu machen.

Derweil hält der Ditib-Abteilungsleiter für Außenbeziehungen, Zekeriya Altug, die Affäre intern für aufgeklärt. Altug sprach davon, dass Ditib-Imame in zehn bis 15 Fällen Berichte über vermeintliche Gülen-Anhänger nach Ankara weitergeleitet hätten. Angesichts von 900 Moscheegemeinden sei dies eine geringe Zahl; ein "strukturelles Problem" gebe es nicht. In den Gemeinden hätten Menschen aller Couleur Platz, auch Anhänger von Milli Görüs und von Gülen. "Wir wollen die Vielfalt in den Gemeinden erhalten", sagte Altug.

© SZ vom 04.02.2017 / dpa, epd, AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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