Mordfall Litwinenko:Strahlende Spuren in Passagier-Jets

An Bord von zwei Flugzeugen der British Airways wurden Spuren der radioaktiven Substanz entdeckt, die den Kreml-Kritiker Litwinenko getötet hatte. Die Maschinen haben auch Frankfurt am Main und Düsseldorf angeflogen. British Airways bittet rund 33.000 Passagiere, sich umgehend zu melden.

Bei den Ermittlungen zum Gifttod des Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko sind in zwei Flugzeugen der British Airways Spuren einer radioaktiven Substanz gefunden worden.

Wie die BBC berichtete, handelt es sich dabei um Polonium 210, durch das auch Litwinenko vergiftet wurde. Wie die Fluggesellschaft am Mittwochabend in London weiter mitteilte, werde eine dritte Maschine in Moskau noch auf entsprechende Spuren untersucht.

33.000 Passagiere

Das von der Substanz ausgehende Risiko sei sehr gering, hieß es. Dennoch bittet die Fluggesellschaft rund 33.000 Passagiere, die seit Ende Oktober mit den drei Maschinen vom Typ Boeing 767 geflogen sind, um Kontaktaufnahme.

Alle betroffenen Maschinen waren auf der Strecke London-Moskau im Einsatz. Die Maschinen verkehrten aber auch auf den Strecken von London nach Frankfurt/Main, Düsseldorf, Barcelona, Athen, Larnaca, Stockholm, Warschau, Istanbul und Madrid.

Eine detaillierte Auflistung aller in Frage kommenden Verbindungen hat die Fluggesellschaft auf ihrer Internetseite (www.britishairways.com) veröffentlicht. Betroffene ausländische Fluggäste wurden aufgefordert, sich telefonisch mit British Airways (+44191 211 3690) in Verbindung zu setzen und ihren Hausarzt aufzusuchen.

Seit Litwinenkos Tod am vergangenen Donnerstag wurden Spuren von Polonium 210 bereits an sieben Orten in London festgestellt. Dabei handelte es sich jedoch stets um Orte, an denen sich Litwinenko seit Anfang November persönlich aufhielt. Auf Flugreisen war er nach bisherigem Wissensstand seither jedoch nicht.

Möglich ist nun sowohl, dass Menschen, die mit ihm in Kontakt waren, in den betreffenden Maschinen saßen, als auch, dass Polonium 210 in den Flugzeugen transportiert wurde.

Geringe Gefahr

Die Gefahr für die Umgebung wird von Experten als äußerst gering eingeschätzt, weil die Substanz nur eine ganz geringe Strahlung hat. Erst wenn sie in den menschlichen Körper gelangt, wird sie hochgiftig. Möglich ist dies zum Beispiel durch die Nahrung, durch eine Zigarette oder durch eine kleine Wunde.

Weiteren Aufschluss erhoffen sich die Ermittler von der Obduktion des Leichnams, die am Freitag beginnen soll. Bislang ist noch immer nicht geklärt, wann und wie genau die radioaktive Substanz in Litwinenkos Körper kam. Als wahrscheinlichster Termin für einen Giftanschlag gilt der 1. November. An diesem Tag traf sich der ehemalige russische Geheimagent in London mit verschiedenen Kontaktmännern aus Russland und Italien.

Inzwischen kursieren zahlreiche Theorien, in wessen Auftrag der mutmaßliche Giftanschlag verübt worden sein könnte. Die Reihe der Verdächtigen reicht vom Kreml über den russischen Geheimdienst und Exil-Russen bis hin zu Litwinenkos Umgebung. Auch eine Selbst-Vergiftung oder ein Unfall beim Hantieren mit radioaktivem Material werden für möglich gehalten.

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