Mord und Geheimdienst:Auffälliges Schweigen

Späte Aufarbeitung der jugoslawischen Attentate in Deutschland.

Von Ronen Steinke

Es gab eine Jagd auf Ausländer in Deutschland, die schon Ende der Sechzigerjahre begann und bis in die Achtzigerjahre hinein nicht gestoppt wurde. Mehr als zwanzig Menschen wurden erschossen, alle stammten aus Jugoslawien. Deutsche Sicherheitsbehörden wussten allem Anschein nach, dass der jugoslawische Geheimdienst hier Dissidenten jagte. Frage also: Warum sahen sie zu? Und bestärkte das die Mörder noch?

Vor dem Münchner Oberlandesgericht ist jetzt ein Mord aus dieser Serie exemplarisch aufgearbeitet worden. Dabei hat sich die Bundesanwaltschaft aber als Vertreterin eines Staates gezeigt, der wenig Interesse an der Aufklärung eigener Verfehlungen hat. Angeklagt war natürlich nicht der deutsche Staat, angeklagt waren zwei kroatische Ex-Geheimdienstler, deren Verteidiger auch nicht so abgebrüht waren, die deutschen Ankläger auf ihr auffälliges Schweigen anzusprechen. Und die Nebenklage war schon dankbar, dass überhaupt noch angeklagt wurde nach so langer Zeit.

Im selben Gerichtsgebäude, nur ein paar Flure weiter, ist gerade der NSU-Prozess in die Sommerpause gegangen. Man kann über die Richter hier wie dort nicht sagen, dass sie ihre juristische Arbeit schlecht machen würden. Aber man wird erinnert, warum für die Aufklärung von politisch wirklich brisanten Vorgängen parlamentarische Untersuchungsausschüsse so wertvoll sind.

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