Möglicher Wechsel in den Bahnvorstand:Kanzlerin riet Pofalla zur Pause

Im November hat die Bundeskanzlerin davon erfahren, dass ihr Kanzleramtschef Pofalla in die Wirtschaft wechseln will. Merkel habe ihm zu einer zeitlichen Distanz geraten, sagte Regierungssprecher Seibert. Andere Politiker fordern strengere Regeln für den Wechsel in die Wirtschaft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Ende November von den Wechselabsichten ihres damaligen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla erfahren. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, bei diesem Gespräch habe Pofalla eine Tätigkeit bei der Bahn als eine von mehreren Möglichkeiten erwähnt.

Die Kanzlerin habe Pofalla dazu geraten, eine zeitliche Distanz zu seiner Tätigkeit im Kanzleramt zu wahren. Die Initiative, dass Pofalla möglicherweise zur Bahn wechsele, sei nicht von der Kanzlerin ausgegangen, sagte Seibert auf eine entsprechende Frage.

Der mögliche Wechsel von Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand der Bahn befeuert die Debatte, welche Karenzzeiten angemessen sind, wenn Ex-Politiker zu Unternehmen wechseln.

CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich offen für eine gesetzliche Regelung. Prinzipiell habe er keine Bedenken bei Wechseln von der Politik in die Wirtschaft, "wenn alles transparent erfolgt". "Wenn sich die Koalition dazu entscheiden sollte, eine Abstandsfrist in einem Gesetz festzulegen, würde ich das aber unterstützen", sagte der bayerische Ministerpräsident der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung.

EU-Kommissar Oettinger für 18 Monate Pause

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, forderte in der Welt eine gesetzlich festgeschriebene Übergangszeit. An "Merkels Mannen" hänge "immer der Verdacht, schon aus dem Kanzleramt heraus Lobbyinteressen zu vertreten und den millionenschweren Versorgungsposten schon in der Tasche zu haben".

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte der Rheinischen Post: "Grundsätzlich muss ein Wechsel auch zwischen Spitzenpolitik und Wirtschaft möglich sein." Dabei solle aber ein "angemessener zeitlicher Abstand" eingehalten werden. Sie selbst wünsche Pofalla alles Gute.

EU-Kommissar Günther Oettinger wies auf die strengen Vorgaben in Brüssel hin. Ein Kommissar müsse "eine Abkühlungsphase von 18 Monaten durchlaufen, bevor er bei einem Unternehmen einsteigen kann, das mit seinem bisherigen Aufgabengebiet zu tun hat", sagte er der Welt. Dies halte er "für ein gutes Modell". Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident ließ erkennen, dass er selbst an einen Wechsel in die Wirtschaft denkt. Er fühle sich in Brüssel sehr wohl und könne es sich vorstellen, "noch ein zweites Mandat als EU-Kommissar zu machen, wenn es mir angeboten wird", sagte er. "Aber ich kann mir auch sehr gut vorstellen, in die Wirtschaft zu wechseln."

Linken-Chefin fordert Bundestags-Debatte

Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, forderte: "Die Personalie Pofalla muss vor den Bundestag." Die Linke werde eine Debatte erzwingen, sagte sie dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Und solange Herr Pofalla Mitglied des Hauses ist, erwarte ich auch, dass er sich dort der Debatte stellt."

Der Mitte Dezember als Bundesminister ausgeschiedene Pofalla ist als Vorstand für Kontakte zur Politik bei der Bahn im Gespräch. Über eine Berufung des 54-Jährigen müsste der Aufsichtsrat entscheiden. Dort hat das Arbeitnehmerlager allerdings bereits Zweifel an der Schaffung eines neuen Vorstandspostens angekündigt. Der Vorsitzende Utz-Hellmuth Felcht teilte zudem am Sonntagabend mit, von "Überlegungen zur Erweiterung des DB-Vorstands beziehungsweise zur Bildung neuer Vorstandsressorts" habe das Kontrollgremium "keine Kenntnis".

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