Mögliche Regierungskrise in Italien:Berlusconis Populisten-Theater

Keine 24 Stunden sind vergangen seit Silvio Berlusconi verurteilt wurde, schon beginnt seine Partei mit Erpressung. Die Abgeordneten der PDL drohen mit Rücktritt, sollte der Staatspräsident ihn nicht begnadigen. Das könnte ernst gemeint sein - oder es ist eine weitere absurde Episode im Berlusconi-Schauspiel.

Ein Kommentar von Andrea Bachstein, Rom

Sie konnten es doch nicht lassen - allen Ankündigungen und allen Appellen an ihr Verantwortungsgefühl zum Trotz. Der Berlusconi-Wahn ist offenbar stärker: Dass die Minister und Parlamentarier seiner Partei PDL den Bestand der Koalitionsregierung als Pfand für die Begnadigung des Ex-Premiers benutzen wollen, ist ein Stück aus dem Tollhaus.

Kaum 24 Stunden sind vergangen seit Silvio Berlusconis definitiver Verurteilung als Steuerbetrüger, da beginnt diese Regierungspartei bereits, den Staatspräsidenten zu erpressen: Nur er kann eine Begnadigung aussprechen. Die PDL hat keine Skrupel, wegen der privaten Justizangelegenheiten eines ohnehin nicht mehr zukunftstauglichen Politikers die erst wenige Monate dauernde Regierung auf Spiel zu setzen - und damit die Chance Italiens, den Weg aus der Krise weiterzugehen.

Ob das selbstmörderisch ist für die PDL oder nur eine weitere absurde Episode der unerträglichen Konditionierung durch Berlusconi, ist im Augenblick kaum einzuschätzen. Es könnte ernst gemeint sein - oder alles wieder nur großes Populisten-Theater sein.

Verantwortungslos ist es auf jeden Fall. Der Schaden für das Land ist schon da. Es ist derselbe, wie jedes Mal, wenn im Schuldenkrisenland Italien eine Regierung zum Wanken gebracht wird: Energie und Zeit wird vergeudet und internationales Vertrauen verbrannt, auf das Italien existenziell angewiesen ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: