Mobilität:Ein Ticket für alles

Der Fahrschein der Zukunft soll gleichzeitig für Zug-, Taxi- und Busfahrten gültig sein. So plant es die Deutsche Bahn. Nur: Wer kann es schaffen, diesen Fahrschein auch anzubieten?

Von Michael Bauchmüller

Die Sonne scheint, die Vorhersage ist gut. Warum nicht mal eben an die See? Für die Reise von, sagen wir, Berlin nach Warnemünde hat Qixxit da gleich verschiedene Varianten parat. Um 13 Uhr etwa gäbe es eine Mitfahrgelegenheit bei Blablacar, kostet neun Euro. Um halb zwei fährt aber auch "Mein Fernbus" los, für elf Euro. Oder aber, kurz darauf, die Regionalbahn nach Rostock. Macht 45 Euro. Qixxit vermittelt jede dieser Reisen per Mausklick. Und dahinter steckt die Deutsche Bahn.

Die Bahn als Vermittlerin von Mitfahrgelegenheiten? Von Fernbussen, dem neuen Erzrivalen? "Der Anspruch ist, dass wir alles bieten können, was der Kunde haben will", heißt es bei dem Staatskonzern. Mobilität heiße das künftige Produkt - nicht mehr unbedingt eine bestimmte Form der Fortbewegung. Die Internetplattform Qixxit ist so gesehen nur ein Experiment für vernetztes Reisen.

Die Idee an sich ist nicht neu. Schon länger können Bahnkunden mit "City-Ticket" auch städtische Busse nutzen. Geschäftskunden können "Mobilitätsbudgets" buchen, und in einem Modellprojekt können Reisende in Berlin seit Kurzem gleich vom ICE ins Elektroauto umsteigen - es ist im Fahrpreis enthalten. Doch geht es nach Bahnchef Rüdiger Grube, ist das alles erst der Anfang.

Er träumt von einer "nationalen Mobilitätskarte", einer Art Rundum-sorglos-Paket für die Fortbewegung. Bahnkunden sollen damit Züge nehmen, Fahrräder leihen, Busse und Taxis benutzen können. Abgerechnet wird, ähnlich der Telefonrechnung, am Monatsende. Das System sorge dafür, dass stets der günstigste Preis abgerechnet wird. "Daran arbeiten wir gerade mit Hochdruck", verriet Grube unlängst der Wirtschaftswoche.

Hochdruck wird nötig sein, denn daran arbeiten derzeit alle. "Das Smartphone hat alles verändert", sagt der Mobilitätsforscher Andreas Knie. "Es wird immer öfter den Fahrschein ersetzen." Alle nötigen Eigenschaften hat es: Es kann Bewegungsdaten übermitteln, ist einem Reisenden fest zugeordnet, und bezahlen kann man damit auch. "Wir gelangen in eine Welt, in der keiner mehr einen Fahrschein lösen muss", sagt Knie. Mit der Anfahrt des Zuges meldet das Telefon den Start der Reise, mit dem Ausstieg das Ende. "Selbst die Straßenbahn danach lässt sich so abrechnen." Fragt sich nur, wer kassiert.

Längst ist ein Rennen ausgebrochen, in dem die Bahn bei Weitem nicht der Schnellste ist. Reisevarianten lassen sich auch googeln, und das Angebot der Daimler-Tochter Moovel verknüpft in Stuttgart und neuerdings auch in Hamburg Carsharing, Straßenbahn, Taxi und Mietfahrräder - "als erster Anbieter weltweit", wie das Unternehmen prahlt. Buchen lässt sich jede Fahrt hier mit einer App. Abgerechnet wird am Monatsende.

Wann das auch deutschlandweit funktioniert, steht in den Sternen. Denn während Mobilfunk-Anbieter längst untereinander abrechnen, gestaltet sich das im Dschungel der 27 deutschen Verkehrsverbünde schwierig. Sie alle müssten mitziehen, damit die "Mobilitätskarte" wirklich national wird. Wer also mit dem Fernbus an den Strand will, muss vorher noch schnell ein S-Bahn-Ticket lösen. Zum Busbahnhof.

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