Mittelmeer:Lizenz zum Schauen

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Der Anti-Schlepper-Einsatz der Europäischen Union läuft nun an: Man sei "einsatzbereit", teilte das Hauptquartier der Mission in Rom mit. Schleuserschiffe dürfen beobachtet werden - für mehr allerdings fehlt Eunavfor Med das Mandat.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die Außenbeauftragte sprach in Superlativen. Nie zuvor habe die Europäische Union sich so schnell auf eine Mission verständigt, hob Federica Mogherini hervor. Das war im Juni, als die Italienerin den Start der Mission Eunavfor Med verkünden konnte. Ziel der Mission ist die Zerstörung des "Geschäftsmodells" der Schlepper, die Flüchtlinge auf die gefährliche Überfahrt von Nordafrika nach Europa schicken. Nun hat das Hauptquartier der Mission in Rom verkündet, dass die "volle Einsatzbereitschaft" mit vier Schiffen, darunter zwei der Bundeswehr, sowie zwei Flugzeugen und drei Hubschraubern erreicht sei. Dies gilt, wie eine Sprecherin Mogherinis in Brüssel betonte, aber nur für "Phase eins". In dieser Phase sollen die Schlepper nur beobachtet werden.

Die Frage ist, ob es überhaupt weitere Phasen geben wird. Im Juni hatte Mogherini daran noch keinen Zweifel gelassen: Alle Beteiligten, auch die EU-Außenminister, täten alles dafür, damit dies in einer "vernünftigen" Zeitspanne der Fall sein werde. Tatsächlich haben die Außenminister Vorkehrungen getroffen, die den Übergang von der jetzt auf Informationsgewinnung beschränkten Mission auf einen zur Not auch gewaltsamen Einsatz gegen Schlepperboote im Mittelmeer zumindest schwierig erscheinen lassen.

Der Operationsplan sieht vor, dass Schiffe in einer zweiten Phase zunächst auf hoher See und dann auch in Küstennähe angehalten werden können. In einer dritten Phase sollen von Schleppern genutzte Schiffe auch zerstört werden. Vor dem Übergang in jede neue Phase müssen die Außenminister feststellen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Im Wesentlichen geht es dabei um Zustimmung aus Libyen und ein Mandat des UN-Sicherheitsrats. Mogherini hatte im Mai persönlich in New York vorgesprochen, um für ein solches Mandat zu werben. "Ich habe von keinem Mitglied des Sicherheitsrats Widerstand festgestellt", sagte sie damals - was sich zwischenzeitlich als etwas zu optimistisch erwies. Jedenfalls gelang es nicht, russische Bedenken auszuräumen. Kritische Anmerkungen soll es aber auch aus den USA gegeben haben. Derzeit spielt das Thema in New York offenbar gar keine Rolle mehr. Auf die Frage, ob die Gespräche noch liefen, bestätigte Mogherinis Sprecherin: "Nicht zu diesem Zeitpunkt."

Etwas besser laufen die Bemühungen um Libyen. Unter UN-Vermittlung ist kürzlich ein erstes Abkommen zur Bildung einer Einheitsregierung der bisherigen Bürgerkriegsparteien in dem nordafrikanischen Land geschlossen worden. Von einer Einheitsregierung erhofft sich die EU Zustimmung zum Anti-Schlepper-Einsatz.

Auf hoher See könnten verdächtige Schiffe ohne Flagge oder mit Zustimmung des Flaggenstaates zwar auch ohne UN-Mandat oder Erlaubnis aus Libyen angehalten und durchsucht werden. Doch auch dafür müsste zunächst mit Zustimmung aller EU-Staaten eine neue Phase von Eunavfor Med eingeleitet werden. Wann das Thema überhaupt wieder auf die Agenda der Außenminister kommt, ist aber bisher nicht absehbar.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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