Mitt Romney:Der Mann für das Duell

In Europa hätte der Urkapitalist Mitt Romney nicht den Hauch einer Chance. Und auch nur wenige Republikaner verspüren wahre Liebe für den Laumann. Doch allmählich vereinen sie sich hinter ihm, weil er seinen Zweck erfüllt: Romney soll Barack Obama aus dem Weißen Haus vertreiben - und er kann dem Präsidenten sehr gefährlich werden.

Christian Wernicke

Der Welt bleiben noch zehn Monate Zeit, um sich auf diesen Mann einzustellen. Auf einen früheren Finanzmanager, der als Prototyp einer "Heuschrecke" dutzendweise Unternehmen zerlegte, Arbeitsplätze zerstörte und so zum 250-fachen Millionär wurde. Auf einen Nationalisten, der täglich die gottgegebene Überlegenheit Amerikas preist und ein vermeintlich sozialistisches Europa dem Untergang geweiht sieht. Und auf einen Wendehals, der seine einst moderaten Überzeugungen abstreifte und heute opportunistisch gegen Abtreibung wie gegen Klimaschutz wettert.

Mitt Romney

Mitt Romney, voraussichtlicher Herausforderer der Republikaner gegen US-Präsident Barack Obama, nach seinem Sieg im wichtigen Bundesstaat Florida Prototyp einer Heuschrecke, Nationalist und Wendehals

(Foto: AP)

Das alles ist Mitt Romney, absehbar der Spitzenkandidat der Republikaner bei der Präsidentschaftswahl 2012. Mitt Romney - der potentiell 45. US-Präsident. Zumindest die erste Hürde auf dem Weg ins Weiße Haus hat der 64-Jährige so gut wie genommen. In Florida, einem US-Bundesstaat von überragender Bedeutung in jeder Präsidentschaftswahl, hat Romney triumphal gesiegt.

Bisher hatte die konservative Parteibasis gezaudert, sich auf den allzu smarten Mann aus Massachusetts einzulassen. Doch diese Hemmungen scheinen nun überwunden. Im Sonnenstaat gewann Romney nicht nur die Stimmen seiner Stammwähler, also der eher ideologisch gemäßigten, besser gebildeten oder besonders reichen Parteigänger. Nein, diesmal folgten ihm mehrheitlich auch die rechten Wutbürger - die streng evangelikalen und wiedergeborenen Christen, die rebellischen Anhänger der Tea-Party-Bewegung.

Dieser Run auf Romney ist nicht Folge eines Zaubers; nur wenige Republikaner verspüren wahre Liebe für diesen Laumann. Was die Partei allmählich hinter diesem "unvermeidlichen Kandidaten" vereint, ist die Einsicht, dass Romney seinen Zweck erfüllt: Er soll Obama, den verhassten Demokraten, aus dem Weißen Haus jagen - und ihnen, wie sie skandieren, "unser Land zurückgeben".

Es wird noch etwas dauern, ehe auch Newt Gingrich die Zeichen erkennt. Washingtons langjähriger Strippenzieher, der nun als Volkstribun gegen das Establishment zu Felde zieht, mag Romney noch einige Wochen lang piesacken mit giftigen Fernsehspots und verbalen Injurien. Aber spätestens zu Beginn des Frühjahrs, wenn die Republikaner in zwei Dutzend weiteren Bundesstaaten ihre Primaries hinter sich gebracht haben, dürfte der Herbst dieses Parteipatriarchen anbrechen.

Dann beginnt offiziell, was Romney schon heute in jeder Rede vorwegnimmt: der Zweikampf mit Obama. Dieses Duell zwischen einem Multimillionär und einem einstigen Streetworker wird äußerst knapp ausgehen. In Europa hätte dieser Urkapitalist, der sich einst "zum Spaß" mit geldscheinfressenden Geschäftsfreunden fotografieren ließ, nicht den Hauch einer Chance. Aber die Alte Welt stimmt nicht mit in 278 Tagen. Und Amerika wählt anders. Weshalb Mitt Romney in der Nacht des 6. November 2012 durchaus wieder so lachen könnte wie jetzt in Florida.

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