Misshandlungen bei britischer Armee:Die Spitze des Eisbergs

Nach der Veröffentlichung von Videobildern brutaler Misshandlungen von Rekruten der Königlichen Marineinfanterie hat das Verteidigungsministerium eine Untersuchung angeordnet.

"Die Königliche Infanterie nimmt die Behauptungen sehr ernst und verfolgt eine Null-Toleranz-Politik, was Belästigungen und Schikanen betrifft", erklärte ein Sprecher des Ministeriums am Sonntag in London.

Misshandlungen bei britischer Armee: Online-Schlagzeile der News of the World, die Bilder aus dem Video und sogar das Video selbst online gestellt hat.

Online-Schlagzeile der News of the World, die Bilder aus dem Video und sogar das Video selbst online gestellt hat.

Die Regierung reagierte auf die Ausstrahlung eines Videos mit Gewaltszenen auf allen britischen Fernsehsendern, das der Zeitung News of the World zufolge im Mai in der Bickleigh-Kaserne bei Plymouth im Südwesten Großbritanniens aufgenommen wurde.

Auf dem geheimen Video, das der Sonntagszeitung vorliegt, sind Rekruten zu sehen, die im Freien nackt gegeneinander kämpfen müssen.

Im Halbkreis um sie herum stehen Dutzende ebenfalls nackte Soldaten, die sie anfeuern. Als sich einer der beiden Rekruten beschwert, wird ihm von einem mutmaßlichen Vorgesetzten ins Gesicht getreten, worauf er bewusstlos liegen bleibt.

Das britische Verteidigungsministerium ordnete umgehend eine Untersuchung an. In der Armee würden Mobbing oder das Schikanieren von Rekruten nicht toleriert. Die gezeigten Szenen seien "weit entfernt von offiziellen Trainingsmethoden".

Nach Angaben des Blattes wurde das Video im Mai heimlich von einem anderen Marineinfanteristen in der Bickleigh Kaserne bei Plymouth gedreht. Zwölf Soldaten, die gerade ihr 32-wöchiges Kommandotraining hinter sich hatten, hätten an dem Ritual teilgenommen. 40 weitere Infanteristen hätten zugeschaut. Zwei Unteroffiziere, verkleidet als Chirurg und Schulmädchen, hätten den Kampf geleitet.

Der Videofilmer ist laut Zeitung ein Unteroffizier, der bereits im Irak und in Afghanistan gedient habe. "Das ist das Schlimmste, was ich jemals gesehen habe, deswegen habe ich es aufgenommen", sagte er. Aber das sei nur die Spitze des Eisbergs. Die Soldaten seien auch mit Elektroschocks an ihren Genitalien gequält worden. Außerdem hätten sie nackt durch Dornenbüsche kriechen müssen.

Die Militärpolizei befasst sich nun mit dem Fall, den das Verteidigungsministerium als "ernst" einstufte.

Die Marineinfanteristen, genannt Royal Marines, sind derzeit überall auf der Welt im Einsatz, so in Afghanistan, Bosnien- Herzegowina und auf zahlreichen Kriegsschiffen. Sie nehmen nach eigener Einschätzung eine Schlüsselrolle in der Schnellen Eingreiftruppe der britischen Armee ein. Sie absolvieren eines der längsten und härtesten Infanterie-Trainingsprogramme der Welt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: