Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz:Kür ohne Makel für Malu Dreyer

Sie gilt als "leidenschaftliche Sozialpolitikerin" und als unbelastet von politischen Skandalen: Malu Dreyer ist im Mainzer Landtag zur Nachfolgerin von Kurt Beck gewählt wurden. Alle Abgeordneten der rot-grünen Koalition stimmten für sie.

Die SPD-Politikerin Malu Dreyer ist neue Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Die Nachfolgerin von Kurt Beck erhielt bei ihrer Wahl im Landtag 60 von 100 gültigen Stimmen. Das entspricht exakt der rot-grünen Mehrheit. Die CDU-Opposition war mit 40 ihrer 41 Parlamentarier vertreten. Im Anschluss an die Wahl wurde die SPD-Politikerin im Amt vereidigt.

Die politische Karriere von Marie-Luise "Malu" Dreyer begann 1995, als sie zur hauptamtlichen Bürgermeisterin von Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz gewählt wurde. Erst ein Jahr zuvor war sie der SPD beigetreten. Im September 1997 übernahm sie den Posten als Dezernentin für Soziales, Jugend und Wohnen der Landeshauptstadt Mainz. In Landes-SPD-Kreisen galt sie bald als "leidenschaftliche Sozialpolitikerin".

2002 wechselte Malu Dreyer in die Landespolitik: Regierungschef Kurt Beck machte sie zur Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit. Sie übernahm das Amt von Florian Gerster, der damals Vorstandsvorsitzender der Bundesanstalt für Arbeit wurde. Beck nominierte die 51-jährige Ministerin im September als mögliche Nachfolgerin, nachdem er seinen Rücktritt aufgrund von "gesundheitlichen Gründen" erklärt hatte. Bis dahin war Dreyer bundespolitisch eher unbekannt.

Dennoch: Die Delegierten stimmten während des SPD-Landesparteitages am 10. November einstimmig für sie. Die Partei unterstützt Malu Dreyer - in der SPD schätzt man ihre herzliche Art und ihre Fachkompetenz. Außerdem gilt sie als unbelastet von politischen Skandalen wie der Pleite am Nürburgring.

Dreyer selbst nennt als ihre Schwerpunkte die Alterung der Gesellschaft, mehr Bürgerbeteiligung und eine soziale und ökologische Wirtschaft. Die neue Regierungschefin hat Multiple Sklerose (MS), eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Zu Terminen kommt sie oft im Rollstuhl, bei der Vereidigung am Mittwoch sprach sie indes im Stehen. "Das ist ein sehr bewegender Moment für mich persönlich", sagte Dreyer.

Das gelte auch für ihren Mann und dessen Kinder. Sie grüßte ihre Familie und Freunde. "Eure Zuneigung gibt mir Kraft."Verheiratet ist Dreyer mit Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen (SPD), mit ihm und seinen drei Kindern lebt sie im alternativen Wohnprojekt Schammatdorf.

Beck war 18 Jahre im Amt

Beck hatte im September aus gesundheitlichen Gründen seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Der 63-Jährige war seit Oktober 1994 Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und stand seit den Landtagswahlen im Jahr 2011 an der Spitze einer rot-grünen Landesregierung. Beck wird am Mittwochabend noch mit einer feierlichen Serenade aus dem Amt verabschiedet.

Mit Becks Abschied geht in Rheinland-Pfalz eine Ära zu Ende, die von dem beliebten Landesvater geprägt war. Im vergangenen Jahr war er allerdings in heftige Kritik geraten, als der fast landeseigene Nürburgring Insolvenz anmelden musste. Die frühere SPD-Alleinregierung hatte an der Eifel-Rennstrecke einen überdimensionierten Freizeitpark für rund 330 Millionen Euro bauen lassen. Um einen Kredit in gleicher Höhe zu decken, musste nun vorrangig Steuergeld verwendet werden.

"Wer arbeitet, macht auch Fehler"

Beck zieht sich nicht komplett zurück. Er übernimmt kommissarisch den Vorsitz der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung und bleibt ZDF-Verwaltungsratschef.

"Wer arbeitet, macht auch Fehler", sagte Beck nach seinem offiziellen Rücktritt im Landtag. "Mir tut das leid, aber ich glaube, dass wir auch feststellen können, dass die Gesamtsituation unseres Landes eine Bewertung erlaubt, die zeigt, wie sehr wir vorangekommen sind." Neben dem Thema Nürburgring wird sich Dreyer auch mit anderen schwierigen Projekten im Land befassen müssen, etwa dem schwächelnden Flughafen Hahn oder der Geldnot der Kommunen.

Dreyer ist die derzeit bundesweit vierte Frau an der Spitze einer Landesregierung - neben Hannelore Kraft (SPD/Nordrhein-Westfalen), Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU/Saarland) und Christine Lieberknecht (CDU/Thüringen). Nach der Wahl erhielt die 51-jährige Dreyer langen Beifall von den Abgeordneten der Regierungskoalition. Die CDU-Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner gratulierte.

Dreyer will in ihre politische Arbeit auch die CDU-Opposition einbinden. "Ich will Sie einladen, dass wir vor allem miteinander reden", sagte Dreyer nach ihrer Wahl. "Schließlich geht es um das eine Ziel: das Wohlergehen aller Bürger." Sie betonte in ihrer kurzen Rede: "Lassen Sie uns ein Rheinland-Pfalz gestalten, in dem das Gemeinwohl groß geschrieben wird."

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