Ministerposten:Ein Paket als Kunstwerk

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Die FDP und ihre Minister: Rainer Brüderle ist der Gewinner im Poker um Posten - genau wie der erst 36-jährige Aufsteiger Philipp Rösler.

P. Blechschmidt, Berlin

Dr. Guido hielt Sprechstunde, und der Saal Lippe in der Berliner Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen verwandelte sich in ein Wartezimmer. Während der letzten drei Wochen besprach sich hier die FDP-Delegation bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union. Am Donnerstagmittag wurde er zum Basislager für künftige Karrieren.

Der FDP-Politiker Rainer Brüderle wird der neue deutsche Wirtschaftsminister. (Foto: Foto: dpa)

Einzeln bat Parteichef Westerwelle die Mitglieder seines Präsidiums zum Personalgespräch ins Kaminzimmer; höflich, wie es seine Art ist, geleitete er sie anschließend zurück ins Wartezimmer. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit eröffnete er den Parteifreunden, wie er sich die Verteilung von Ämtern und Posten in der künftigen Koalition vorstellt.

Ein solches Personalpaket ist "ein filigranes Kunstwerk", sagt einer, der sich mit so etwas auskennt. Viele haben sich Verdienste erworben. Sie haben brav elf Jahre lang auf den harten Oppositionsbänken ausgeharrt, tapfer Gesetzentwurf um Gesetzentwurf für den Papierkorb produziert, endlose Sitzungen, Konferenzen und Parteitage absolviert. Erfahrene alte Hasen und engagierte, viel-versprechende Talente wollen gewürdigt sein.

Vor allem aber muss auch in einer liberalen Partei der Regionalproporz beachtet werden. Südschiene versus Nordrhein-Westfalen ist in der FDP ein geradezu klassischer Konflikt. Dies alles musste Westerwelle, der selbst Außenminister wird, austarieren, schließlich will er beim Parteitag an diesem Wochenende mit dem Personalpaket nicht anecken.

Immer gut für einen flotten Spruch

Als klarer Sieger geht Rainer Brüderle aus dem Verhandlungsmarathon der vergangenen Wochen hervor. Indem Kanzlerin Angela Merkel das Finanzministerium für die Union reklamiert, macht sie den Weg für Brüderle ins Wirtschaftsministerium frei. Der joviale Mainzer, der immer für einen flotten Spruch gut ist, hat sich in den Koalitionsverhandlungen durchaus Respekt bei der Union erworben.

Der FDP-Kandidat für das Finanzministerium, Hermann Otto Solms, hingegen kommt nicht zum Zuge. Er und Brüderle hatten sich in die Hand versprochen, nicht um das Wirtschaftsministerium zu konkurrieren. Solms, dessen Stärke der öffentliche Auftritt nicht ist, wird sich auf sein bisheriges Amt als Bundestagsvizepräsident zurückziehen. Zudem bleibt er FDP-Schatzmeister. Mit der Sanierung der Parteifinanzen hat er sich bereits große Verdienste erworben.

Seit langem als Justizministerin gesetzt war die bayerische Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die dieses Amt in den neunziger Jahren schon einmal ausgeübt hatte. Für das Ergebnis, das sie in den Arbeitsgruppen-Verhandlungen mit Noch-Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erzielt hatte, erntete sie in den eigenen Gremien Applaus auf offener Szene.

Rösler jüngstes Kabinettsmitglied

Für Überraschung sorgte dagegen eine andere Entscheidung: Der bisherige niedersächsische Wirtschaftsminister Philipp Rösler übernimmt in Berlin das Gesundheitsressort. Zuvor hatte es stets geheißen, Rösler wolle in Hannover bleiben. Mit 36 Jahren wird der in Vietnam geborene gelernte Mediziner das jüngste Kabinettsmitglied sein.

Die zweite faustdicke Überraschung ist die Berufung von Generalsekretär Dirk Niebel zum Entwicklungshilfeminister. Der 46-Jährige war zuvor allenfalls als möglicher Bundesarbeitsminister genannt worden. Nicht zum Zuge kam dagegen die frühere Generalsekretärin Cornelia Pieper, die als Chefin des Bildungsressorts im Gespräch war. Neue FDP-Fraktionsvorsitzende könnte nun die baden-württembergischen Landesvorsitzende Birgit Homburger werden.

© SZ vom 24.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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