Mindestlohn:Legale Knauserigkeit

Der Gesetzgeber hat Schlupflöcher offen gelassen, die findige Arbeitgeber jetzt nutzen.

Von Detlef Esslinger

Nur mal angenommen, man hätte einen Job in der Cafeteria des Klinikums Brandenburg und wäre dort früher auf einen Stundenlohn von 8,03 Euro gekommen: Selbstverständlich hätte man angenommen, nach Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestlohns mindestens 47 Cent mehr zu erhalten - und nicht, dass der Arbeitgeber einfach das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld mit den seit Anfang 2015 vorgeschriebenen 8,50 Euro verrechnen darf. Aber genau das darf er, wie das Bundesarbeitsgericht nun in einem Urteil entschieden hat, das sogar kaum überraschend ist.

Als die Bundesregierung den Mindestlohn einführte, verzichtete sie darauf, Verrechnung ausdrücklich auszuschließen. Im Gegenteil, in der Gesetzesbegründung erweckte sie sogar den Eindruck, sie zu wollen. Wie schrieb schon das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil zu dem Fall? "Nach der verlautbarten Vorstellung des Gesetzgebers" könnten Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden. Es müssen nur ein paar Bedingungen erfüllt sein.

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich ein knauseriger Arbeitgeber diese Möglichkeit zunutze macht. Er dürfte nun auch andere Arbeitgeber auf diesen Gedanken bringen. Dem Bundesarbeitsgericht ist kein Vorwurf zu machen. Der Gesetzgeber hat es in der Hand, ein Schlupfloch zu schließen, zu dem er selbst Hinweisschilder aufgestellt hat.

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