Minarett-Verbot:"Ein weibliches Ja"

Die Schweizer beschäftigen sich intensiv mit dem Ergebnis des Volksentscheides. Ein Wissenschaftler stellt eine interessante These auf. Vor allem Frauen sollen für das Minarett-Verbot gestimmt haben.

In Umfragen vor dem Volksentscheid wollten sich nur wenige zum Minarett-Verbot bekennen. Nun fragen sich die Schweizer, wer bei dem Referendum am Sonntag mit Ja stimmte. Michael Hermann vom Geographischen Institut der Universität Zürich vermutet, dass vor allem Frauen das Minarett-Verbot unterstützt haben könnten.

Minarett-Verbot: Mit diesem Plakat warben die Unterstützer des Minarett-Verbots. Vor allem Frauen sollen ihnen ihre Stimme gegeben haben.

Mit diesem Plakat warben die Unterstützer des Minarett-Verbots. Vor allem Frauen sollen ihnen ihre Stimme gegeben haben.

(Foto: Foto: dpa)

"Es gibt noch keine empirischen Daten zum Entscheid. Folglich können erst Vermutungen angestellt werden. Eine Vermutung, die dabei sehr nahe liegt, ist, dass es neben dem klassischen rechten Ja auch ein weibliches Ja gibt."

Hermann stützt sich dabei auf Umfragen, die wenige Monate vor der Wahl veröffentlicht wurden. Darin hätten sich mehr Frauen als Männer für die Initiative ausgesprochen.

"Frauen gehören sonst eher zu denen, die nicht zu rechten Vorhaben ja sagen." Dieses Mal aber hätten viele Frauen erst sehr lange gezögert - und dann doch mit Ja gestimmt.

Dabei hätten sie sich der Argumentation angeschlossen, die den Islam als patriarchalische, machistische und aggressive Kultur präsentierte, glaubt Hermann.

Darauf setzten die Initiatoren des Volksverbots: Ihre Plakate zeigten eine schwarz verhüllte Frau vor einer Schweizer Flagge, auf der Minarette wie Raketen in den Himmel ragten. Das Plakat verknüpfte so den Islam mit der Burka, der Ganzkörperverhüllung, wie sie in Afghanistan unter den Taliban vorgeschrieben war. Von der Mehrheit der muslimischen Frauen wird sie freilich nicht getragen.

Die Abstimmung über den Bau von Moscheetürmen wurde so zum Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen. Die eher links orientierte schweizerische Psychologin Julia Oncken etwa rief dazu auf, die Initiative zu unterstützen. "Sie hat der Gruppe der jastimmenden Frauen ein Gesicht gegeben und ein feministisches Ja empfohlen", sagt Hermann. Er glaubt: "Es sind gerade Frauen, die sonst eher links orientiert sind, die dafür gestimmt haben."

In Umfragen vor den Wahlen hatte sich lediglich ein Drittel für ein Minarett-Verbot ausgesprochen. Bei der Abstimmung am Sonntag jedoch unterstützten überraschende 57,5 Prozent die Initiative. In den kommenden zwei Monaten werden genauere Auswertungen des Wahlverhaltens erwartet.

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