Militärschlag gegen Syrien:Obamas Interventionsplan nimmt erste Hürde im Kongress

Der Außenausschuss im US-Senat stimmt einer Intervention in Syrien zu. Doch die russische Regierung erhöht den Druck auf Präsident Obama. Wladimir Putin bezichtigt den amerikanischen Außenminister der Lüge, und das russische Außenministerium legt einen Bericht vor, wonach die Rebellen für einen Giftgasangriff im März verantwortlich sein sollen.

Die erste Hürde hat Obama genommen: Der Ausschuss für Auswärtige Beziehungen des US-Senats hat für einen begrenzten Miltiärschlag gegen Syrien gestimmt. Mit zehn zu sieben Stimmen und einer Enthaltung befürwortete der Ausschuss eine entsprechende Resolution des Weißen Hauses. Ein Votum des Senats wie auch des Repräsentantenhauses steht aber noch aus.

Obama ist entschlossen, das syrische Regime für dessen mutmaßlichen Giftgaseinsatz zu bestrafen, bei dem nach Erkenntnissen von US-Geheimdiensten vor zwei Wochen mehr als 1400 Menschen getötet wurden. Der Entwurf sieht eine knappe Militäraktion vor, die höchstens 90 Tage dauern und ohne die Entsendung von Bodentruppen in Syrien stattfinden soll. Barack Obama hatte immer wieder betont, dass kein Soldat syrischen Boden betreten soll. Der Präsident will vor einem militärischen Eingreifen das Votum der beiden Häuser des Kongresses einholen.

Unmittelbar vor dem G-20-Gipfel in Sankt Petersburg hat Russland den Ton im Streit mit den USA über die Syrien-Krise verschärft. Präsident Wladimir Putin warf US-Außenminister John Kerry am Mittwoch vor, den Kongress in Washington über die Rolle der al-Qaida im Bürgerkrieg belogen zu haben. Deren Kämpfer seien militärisch gesehen die wichtigste Säule des Aufstandes. "Er lügt, und er weiß, dass er lügt", sagte Putin in Moskau. "Es ist traurig."

Zuvor hatte Putin noch eine "angemessene Reaktion" angekündigt, falls es Beweise für den Einsatz von Giftgas durch die syrische Regierung gebe. Zugleich bezeichnete Putin den Verdacht der USA als "Unsinn". Putin wies darauf hin, dass auch die Rebellen als Verantwortliche für den Angriff in Frage kämen. Diese Haltung wurde durch einen - vom russischen Außenministerium verbreiteten - Expertenbericht gestützt, nach dem wahrscheinlich die Rebellen für einen Giftgaseinsatz im März in Aleppo verantwortlich seien. Eine dabei benutzte selbst hergestellte Waffe sei baugleich mit Waffen, wie sie die Rebellen herstellten, erklärte das Ministerium in Moskau.

Putins Vorwürfe an Kerry dürften die Stimmung zwischen den USA und Russland vor dem G-20-Gipfel ab Donnerstag in Sankt Petersburg weiter belasten. Wegen des Streits über den Umgang mit dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hatte US-Präsident Barack Obama bereits ein direktes Treffen mit Putin abgesagt. Eine Einigung in der Syrien-Frage am Rande des Treffens erscheint unwahrscheinlich.

Obama wirbt um Unterstützung

Obama warb vor dem Gipfel mit einem flammenden Appell an die internationale Gemeinschaft um Unterstützung für einen Militärschlag in Syrien. "Meine Glaubwürdigkeit steht nicht auf dem Spiel, sondern die der Weltgemeinschaft", sagte Obama am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Seinen russischen Gegenpart rief er auf, in der Syrien-Frage umzudenken.

"Das internationale Handeln wäre sehr viel effizienter, wenn Russland das Thema anders angehen würde", sagte Obama bei einem 24-stündigen Schweden-Besuch. Er habe aber auch Respekt für den Prozess bei den Vereinten Nationen, betonte der US-Präsident. Es gehe nun darum, die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für die Pläne der USA zu stärken.

Die US-Regierung ist entschlossen, Syrien notfalls auch ohne UN-Mandat anzugreifen. Obama bezeichnete es als erwiesen, dass die syrische Regierung für den Giftgasangriff am 21. August nahe Damaskus verantwortlich ist, bei dem Hunderte Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Er werde nicht die Fehler wiederholen, die zum Einmarsch der USA in den Irak geführt hätten, versicherte Obama bei einer Pressekonferenz in Schweden.

Einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sind 56 Prozent der Amerikaner gegen einen Angriff und 19 Prozent dafür. Die USA haben zahlreiche Kriegsschiffe in der Region, die einen Angriff mit Marschflugkörpern ausführen könnten. Auch Russland verstärkt Medienberichten zufolge seine Flotte im Mittelmeer: Die amtliche Nachrichtenagentur Interfax meldete, der Raketenkreuzer Moskwa sei ins östliche Mittelmeer unterwegs und werde dort in zehn Tagen ankommen. Ein Zerstörer und eine Fregatte sollten dazustoßen. Das russische Verteidigungsministerium hatte die Flottenbewegungen in der vergangenen Woche als Routine bezeichnet.

Obama setzt sich für Homosexuelle ein

Verstärkt werden die Spannungen zwischen Putin und Obama auch durch ihre unterschiedlichen Haltungen zu Homosexualität. Vor seiner Reise setzte sich Obama für die Rechte von Homosexuellen ein. "Wir glauben an die Würde und die Gleichheit aller Menschen", sagte Obama während eines Staatsbesuchs in Schweden.

In Russland war Putin zuletzt wegen eines Gesetzes unter Druck geraten, das "Homosexuellen-Propaganda" vor Minderjährigen unter Strafe stellt. Putin hatte das umstrittene Gesetz im Juni trotz internationaler Kritik unterzeichnet. Nun sicherte Putin zu, dass Homosexuelle bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi keine Diskriminierung befürchten müssen. "Sie können sich absolut sicher sein, dass Russland die olympischen Prinzipien, die jegliche Diskriminierung verbieten, genauestens einhalten wird", sagte Putin am Mittwoch in einem Interview mit dem Fernsehsender Perwy Kanal. Das umstrittene Gesetz verteidigte er dennoch weiter.

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