Militäreinsatz in Mali:Soldaten aus Afrika, Ausbilder aus Europa

"Niemand leugnet die Komplexität der Aufgabe, vor der die internationale Gemeinschaft steht": Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat einem Militäreinsatz in Mali zugestimmt. Damit sollen die Islamisten im Norden vertrieben werden.

Von Tobias Zick

Das Mahnen der Franzosen wurde erhört. "In Mali steht unsere eigene Sicherheit auf dem Spiel", hatte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian kürzlich gewarnt; die Zuspitzung erinnerte an Peter Strucks Satz von Deutschlands Sicherheit, die am Hindukusch verteidigt werde. "Wenn wir uns nicht schnell bewegen", sagte Le Drian über die Lage in der früheren französischen Kolonie, "dann entsteht dort Schritt für Schritt ein terroristischer Staat." Nun hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig einer von den Franzosen ausgearbeiteten Resolution zugestimmt, die einen Einsatz afrikanischer Truppen in Mali genehmigt.

Die Mission soll den Namen Afisma tragen, eine englische Abkürzung für "Afrikanisch geführte internationale Unterstützungsmission in Mali". Die Regionalorganisation Ecowas hatte im November beschlossen, eine 3300 Mann starke Truppe in den Norden des Landes zu schicken, und beim UN-Sicherheitsrat ein Mandat dafür beantragt. Afisma soll nun die Regierung in Malis Hauptstadt Bamako "mit allen notwendigen Mitteln" im Kampf gegen Terroristen und Rebellen unterstützen.

Der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen, Peter Wittig, nannte den Beschluss einen "bedeutenden Schritt", sein französischer Kollege Gérard Araud beeilte sich klarzustellen, es handle sich um "keine Kriegserklärung". Im Rahmen des Mandats, das zunächst auf ein Jahr begrenzt ist, soll militärische Gewalt letztes Mittel bleiben. Zunächst soll die Übergangsregierung in Bamako Verhandlungen mit den Rebellen im Norden aufnehmen - mit dem Ziel, "die verfassungsmäßige Ordnung vollständig wieder herzustellen". Bis April sollen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten werden.

Religiös verbrämte Schreckensherrschaft

Dieses Unterfangen dürfte sich äußerst schwierig gestalten. Ein Teil der Islamisten, die den Norden Malis kontrollieren, gehört dem internationalen Terrornetzwerk al-Qaida an und hat eine religiös verbrämte Schreckensherrschaft errichtet: Unverheiratete Paare werden ausgepeitscht, Dieben werden Hände amputiert, Musik ist verboten. Mehr als 400 000 Menschen sind nach UN-Angaben vor dem Terror in den Süden Malis und in Nachbarländer geflüchtet.

Training für den Wiederaufbau

Tuareg-Rebellen hatten im März ein Machtvakuum genutzt, das nach einem Militärputsch in der Hauptstadt Bamako entstanden war, um im Norden Malis einen unabhängigen Staat auszurufen, bestückt mit Waffen aus den Arsenalen des gestürzten libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi und in Zweckbündnis mit islamistischen Gruppen. Diese rissen nach kurzer Zeit die Rebellion an sich und vertrieben ihre säkularen Kampfgenossen.

Die Resolution erteilt der Europäischen Union nun den Auftrag, den Wiederaufbau der maroden malischen Armee durch Training zu unterstützen. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hat eine Beteiligung der Bundeswehr in Aussicht gestellt. Diese müsse allerdings klar von einem Kampfeinsatz getrennt sein. Nicht abschließend geklärt ist zudem, wie die Militärmission finanziert werden soll, die laut Schätzungen mehr als 150 Millionen Euro kosten dürfte. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte zuletzt vor allem Vertreter afrikanischer Staaten verärgert, indem er ankündigte, die Vereinten Nationen würden die Kosten nicht übernehmen. Nun soll Ban freiwillige Beiträge von Mitgliedstaaten einsammeln.

Rebellen erklären sich zu Verhandlungen bereit

Was die Lage in Mali verkompliziert, ist die Instabilität der Zentralregierung in Bamako. Erst vergangene Woche haben Generäle den Übergangspremier Modibo Diarra aus dem Amt gezwungen. Und Menschenrechtler warnen, ein Militäreinsatz könne Zehntausende Menschen zu Flüchtlingen machen. "Niemand leugnet die Komplexität der Aufgabe, vor der die internationale Gemeinschaft steht", sagte Frankreichs UN-Botschafter Araud nach dem Beschluss - und äußerte die vage Hoffnung, schon die Androhung eines Militäreinsatzes könnte die Islamisten an den Verhandlungstisch zwingen.

Tatsächlich haben diese reagiert: Die Rebellengruppen Ansar Dine und die Nationale Bewegung für die Befreiung von Azawad (MNLA) erklärten sich zu Verhandlungen mit der Regierung bereit. In einer am Freitag in Algier getroffenen Vereinbarung bekunden die Islamisten und die Tuareg-Rebellen ihren Willen, alles zu unterlassen, was den Konflikt anfachen könnte. Abdelmalek Droukdel, Chef von al-Qaida im Maghreb, hatte jedoch kürzlich per Video gewarnt: "Wenn ihr Krieg wollt, wird die Sahara ein Friedhof für eure Soldaten werden."

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