Militäreinsatz in Mali:Hilfswerke warnen vor Massenflucht und Hunger

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Besonders die malischen Kinder leiden: Ein Mädchen zieht einen Wasserkanister im Mbere Flüchtlingslager in Mauretanien.

(Foto: AFP)

Mali erlebt heftige Kämpfe, unter denen die Bevölkerung zunehmend leidet. Die umliegenden Länder berichten von einem Flüchtlingsansturm, Hunderttausende sollen ihre Heimat schon verlassen haben. Berichten zufolge setzen die Islamisten jetzt auch Kindersoldaten ein.

Von Caroline Ischinger

Der jüngste Ausbruch der Gewalt im Zentrum und im Norden Malis zwingt immer mehr Menschen in die Flucht. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass durch die Kämpfe zwischen islamistischen Rebellen und der Armee, in die seit Freitag vergangener Woche französische Truppen eingreifen, etwa 30.000 Männer, Frauen und Kinder innerhalb des Landes vertrieben worden sind.

Ein UN-Sprecher äußerte in New York die Befürchtung, dass tatsächlich noch mehr Malier von der Gewalt betroffen seien, jedoch von den Aufständischen daran gehindert würden, sich in Richtung Süden aufzumachen. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtete außerdem, dass seit dem Beginn der französischen Luftschläge Hunderte Menschen aus Mali in die Nachbarstaaten geflohen seien. Allein im Westen des Landes Niger sind nach UNHCR-Angaben am vergangenen Freitag und Samstag 450 malische Flüchtlinge angekommen. Sie hätten als Gründe für ihre Flucht die andauernde Militärintervention, die fehlenden Lebensgrundlagen und die Scharia-Gesetzgebung durch die islamistischen Gruppen im Norden angegeben.

Hunderttausende auf der Flucht

Insgesamt haben seit April 2012, als verschiedene Rebellengruppen das Gebiet eroberten, nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks fast 150.000 Menschen Schutz in den umliegenden Ländern Niger, Mauretanien, Burkina Faso und Algerien gesucht. Die Regierung von Mauretanien schickte angesichts des wachsenden Flüchtlingsstroms allerdings am Montag Soldaten an die Grenze, um sie abzuriegeln; auch Algerien kündigte an, seine Grenze wegen der Verschärfung des Konflikts zu schließen. Die Gesamtzahl der Binnenflüchtlinge in Mali, die ihre Heimatstädte und -dörfer verlassen haben, ist wegen der Sicherheitslage kaum zu überprüfen; es sollen aber insgesamt fast 230.000 Malier sein. Für Hilfswerke wird es angesichts der Eskalation zudem immer schwieriger, die Not leidende Bevölkerung zu versorgen.

Die Nichtregierungsorganisation Médecins du Monde aus Belgien (MDM/Ärzte der Welt) ist eine der wenigen, die noch im Norden des Landes aktiv ist. "Die Situation für die Menschen war schon schlimm und wird nun schlimmer mit den neuerlichen Kämpfen", schreibt Olivier Vandecasteele der Süddeutschen Zeitung. Er betreut die Operationen von MDM in Mali derzeit von Brüssel aus. Ihre Teams in der nördlichen Region Kidal berichteten, fügt er hinzu, dass die Furcht in der Bevölkerung vor neuen Luftangriffen wachse. "Die Menschen flüchten entweder in den Busch oder haben Angst, ihre Häuser zu verlassen", schreibt er. Die Familien, die nun auf der Flucht seien, hätten zudem im vergangenen Jahr bereits eine heftige Hungerkrise durchlebt, betont Vandecasteele.

Berichte über Kindersoldaten

Die Folgen dieser Krise seien noch jetzt in den Gesundheitszentren im Norden sichtbar, die MDM unterstützt: Allein im vergangenen Monat seien dort 400 Kinder unter fünf Jahren mit akuter Mangelernährung aufgenommen worden. Die Vertreibungen und der verschlechterte Zugang zu Gesundheitsversorgung werde unvermeidlich auch Menschenleben gefährden, warnt Vandecasteele. So müssten die Kinder, die derzeit in den MDM-Zentren wegen schwerer, akuter Mangelernährung behandelt werden, im Schnitt acht Wochen lang ununterbrochen therapiert werden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International appellierte an die Konfliktparteien, Zivilisten in Mali zu schützen. Die internationale Gemeinschaft müsse sich dafür einsetzen, dass Menschenrechtsbeobachter in die Region geschickt würden. Es gebe Berichte, dass Islamisten Kindersoldaten rekrutierten, von denen einige bereits verwundet oder getötet worden seien.

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