Militäreinsatz in Mali:Franzosen und Tschader übernehmen Flughafen in Tessalit

Der Vormarsch geht weiter: Französische und tschadische Soldaten erreichen die strategisch wichtige nordostmalische Stadt Tessalit. Die Islamisten könnten nun ihre Strategie ändern und sich auf eine Guerilla-Strategie verlegen. Zum ersten Selbstmordanschlag in der Geschichte Malis bekennen sich westafrikanische Dschihadisten.

Französische und tschadische Soldaten haben die strategisch wichtige nordostmalische Stadt Tessalit erreicht. Die Truppen hätten in der letzten Hochburg der Islamisten die Kontrolle über den Flughafen übernommen, bestätigte der französische Generalstab in Paris. Nach Angaben der Franzosen landeten in der Nacht auch Fallschirmspringer in Tessalit, das weniger als 90 Kilometer von der Grenze zu Algerien entfernt ist.

Die Stadt liegt im Ifoghas-Gebirgsmassiv, wo sich nach Angaben von Experten und Sicherheitsbehörden viele Anführer und Kämpfer islamistischer Gruppen aufhalten. Dort werden auch sieben französische Geiseln vermutet.

Am Donnerstagabend hatten französische und tschadische Truppen bereits die Kontrolle über die Stadt Aguelhok zwischen Kidal und Tessalit übernommen. Seit mehreren Tagen waren die Regionen um Aguelhok und Tessalit Ziele französischer Luftangriffe. Dabei hatte die Luftwaffe vor allem Materiallager und Trainingszentren von Islamisten im Visier.

Islamisten bekennen sich zu erstem Selbstmordanschlag

Bei dem ersten Selbstmordanschlag in der Geschichte des Landes wurde ein malischer Soldat leicht verletzt. Ein Tuareg näherte sich mit einem Motorrad einem Armeeposten in Gao und zündete dann seinen Sprengstoffgürtel, wie ein malischer Soldat sagte. Der Attentäter stamme aus Bourem, etwa 98 Kilometer von Gao entfernt. Der Mann sei auf der Stelle tot gewesen, ein malischer Soldat leicht verletzt worden.

Zu dem Anschlag bekannte sich die islamistische Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (MUJAO). Diese hatte bereits die Verantwortung für eine Explosion vom Mittwoch übernommen, bei der vier Malier starben, als ihre Fahrzeuge zwischen Douentza und Gao auf eine Mine fuhren. Die Gruppe hatte erklärt, mit Angriffen auf Armeekonvois und Selbstmordattentaten ein "neues Kampfgebiet" zu eröffnen.

Militärexperten rechnen damit, dass sich die in der offenen Schlacht chancenlosen Extremisten und Tuareg-Kämpfer auf Bombenanschläge und Selbstmordattentate verlegen. Die Sicherheitsvorkehrungen in den nördlichen Städten und in der Hauptstadt Bamako wurden daher verschärft.

EU-Armeeausbilder in Mali eingetroffen

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte vor einem Guerillakrieg in Mali. "Der Militäreinsatz war bislang effizient und erfolgreich. Die Dschihadisten, die bewaffneten Gruppen und terroristischen Elemente sind offenbar geflohen", sagte Ban. Er sei jedoch besorgt, "dass sie zurückkehren könnten". Die Angriffe der vergangenen Tagen zeigten, dass die Kämpfer in einigen Gegenden Widerstand leisteten.

Eine erste Gruppe von etwa 70 Armeeausbildern aus der EU ist am Freitag in Mali eingetroffen. "Wir sind gekommen, um es der malischen Armee zu ermöglichen, das gesamte nationale Gebiet zu halten, und damit Mali über eine gute Armee verfügt", sagte der französische Oberst Bruno Heluin, der das erste Ausbilderkontingent kommandiert.

Der erste politische Berater der EU in Mali, Bertrand Soret, sagte, bei den eingetroffenen Ausbildern handele es sich um "die Wegbereiter der Mission, die die Befehlskette der Armee ausbildet und verbessert". Das Kontingent besteht demnach aus französischen, spanischen, britischen, rumänischen, schwedischen und finnischen Soldaten. Sie sollten nun für die EU-Ausbilder den Stützpunkt errichten. Deutschland beteiligt sich mit 40 Ausbildern.

Gefechte in der Hauptstadt

Die Mission namens EUTM wird von dem französischen General François Lecointre geleitet. Nach seiner Einschätzung sind die malischen Soldaten "schlecht ausgebildet, schlecht bezahlt und schlecht ausgerüstet". Der schlechte Zustand der malischen Armee wurde am Freitag deutlich, als sich in Bamako rivalisierende Armeeeinheiten Gefechte lieferten, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden. Wie aus Militärkreisen sowie von Augenzeugen verlautete, wurde ein Lager von Elitesoldaten, die dem gestürzten Staatschef Amadou Toumani Touré nahestehen, von anderen Einheiten der malischen Armee angegriffen.

Nach dem Sturz der Regierung in Bamako durch unzufriedene Soldaten im März vergangenen Jahres hatten Islamisten gemeinsam mit Tuareg-Rebellen innerhalb weniger Tage den gesamten Norden Malis unter ihre Kontrolle gebracht. Später vertrieben die Islamisten die Tuareg-Rebellen und riefen im Norden des Landes das islamische Recht der Scharia aus.

Frankreich hatte am 11. Januar militärisch in Mali eingegriffen, um den weiteren Vormarsch der Islamisten Richtung Süden zu stoppen. Nach den bisherigen Planungen sollen Truppen der Westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS die Franzosen bald ablösen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: