Migrationspolitik:EU-Kommission will "mindestens 50 000 Flüchtlingen" legale Einreise ermöglichen

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Flüchtlinge in Ungarn 2015 (Foto: dpa)
  • Die EU-Kommission will die Mitgliedsstaaten dazu bringen, in den kommenden zwei Jahren mindestens 50 000 weiteren Flüchtlingen die legale Einreise nach Europa ermöglichen.
  • Nach Auslaufen des hoch umstrittenen Programms zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU forderte Innenkommissar Dimitris Avramopoulos eine schnelle Reform des europäischen Asylsystems.
  • Die Kommission drängte auch auf eine schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber.

Die EU-Kommission will die Mitgliedstaaten in den kommenden beiden Jahren zur freiwilligen Aufnahme von "mindestens 50 000" Flüchtlingen aus der Türkei, Nahost und Afrika bringen. Die EU müsse "legale Wege" schaffen, damit schutzbedürftige Flüchtlinge nicht weiter auf gefährlichen Wegen nach Europa kämen, erklärte die Behörde am Mittwoch. Sie stellt demnach pro aufgenommenem Flüchtling 10 000 Euro bereit. Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber sollen gleichzeitig beschleunigt werden.

Nach Auslaufen des hoch umstrittenen Programms zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU forderte Innenkommissar Dimitris Avramopoulos eine schnelle Reform des europäischen Asylsystems. Dieses soll aus Sicht der Kommission einen Umverteilungsmechanismus enthalten, wenn Länder an den EU-Außengrenzen starkem Zuwanderungsdruck ausgesetzt sind. Die Pläne stoßen aber insbesondere bei osteuropäischen Staaten auf Widerstand.

Das am Dienstag ausgelaufene Programm zur Umverteilung von rund 100 000 Flüchtlingen zur Entlastung der Hauptankunftsländer Italien und Griechenland war deshalb weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Letztlich wurden nur 29 144 Asylbewerber auf andere EU-Staaten verteilt. Ungarn und Polen haben bis heute keinen einzigen Flüchtling aufgenommen. Als einziges Land hat Malta seine Aufnahmequote erfüllt.Avramopoulos bekräftigte, dass die Pflicht zur Aufnahme aus dem Programm mit dem Dienstag nicht endete. Alle Flüchtlinge, die bis dahin in Italien und Griechenland registriert worden seien, müssten noch umverteilt werden. Die Kommission geht dabei von einer Zahl von weiteren 8000 Menschen aus.

Die direkte Aufnahme aus Krisengebieten erfolgte in der EU schon bisher auf freiwilliger Basis. Seit 2015 wurde so 23 000 Menschen in die EU gebracht. In einem Pilotprojekt will Brüssel nun prüfen, ob solche Programme auch von "privaten Gruppen und Organisationen der Zivilgesellschaft" organisiert und finanziert werden können.

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Die Umsiedlung müsse "der bevorzugte Weg" der EU für die Aufnahme von schutzsuchenden Menschen werden, sagte Avramopoulos. Er verwies gleichzeitig darauf, dass Europa künftig auf Arbeitskräfte von außerhalb angewiesen sei. Hier müsse die EU "intelligenter" werden und "selektiv" nach den Bedürfnissen der Wirtschaft vorgehen.

Brüssel forderte Mitgliedstaaten und Europaparlament deshalb auch auf, sich bald auf eine Reform der so genannten Blue Card für hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu einigen. Sie war 2009 geschaffen worden, um etwa Ingenieure, Informatiker oder Ärzte nach Europa zu locken. Der Erfolg blieb wegen hoher Hürden bisher hinter den Erwartungen zurück. Im vergangenen Jahr wurden europaweit 20 979 Blue Cards vergeben.

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Die Kommission drängte unterdessen auch auf eine schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Die bisherigen Rückführungsquoten seien "unbefriedigend" und hätten 2014 und 2015 nur bei rund 36 Prozent gelegen. Demnach gibt es schätzungsweise rund 1,5 Millionen Menschen, die aus den Mitgliedstaaten in ihre Heimat zurückgebracht werden müssten.

Die Kommission schlug vor, die Rückführungsabteilung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex weiter zu verstärken. Frontex hat in diesem Jahr nach eigenen Angaben bisher 220 Abschiebeflüge für die Mitgliedstaaten organisiert. Über sie wurden mehr als 10 000 abgelehnte Asylbewerber zurück in ihre Heimat gebracht.

© SZ.de/AFP/dpa/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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