Migration:Ausländerämter sollen Fingerabdrücke nehmen

Lesezeit: 2 min

Diese Prozedur künftig nicht nur bei der Polizei, sondern auch im Ausländeramt? Das Bamf will auf diese Weise "Mehrfachidentitäten ausschließen". (Foto: dpa)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will mit der Maßnahme Betrug verhindern. Der Städtetag lehnt die Forderung aber ab.

Von Bernd Kastner, München

Es ist eines dieser Bilder, die mit der Flüchtlingskrise verbunden sind. Eine Hand im Plastikhandschuh führt den Finger einer anderen Hand, legt ihn auf ein Lesegerät, Finger für Finger geht das so. Die Hand im Handschuh gehört einem deutschen Beamten, die andere einem Flüchtling, dessen Fingerabdrücke genommen werden.

Wenn es nach der neuen Chefin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Jutta Cordt, geht, sollen künftig auch die kommunalen Ausländerämter die Fingerabdrücke prüfen. Ziel sei es, sagte Cordt der Passauer Neuen Presse, Sozialbetrug zu verhindern: Die Ausländerbehörden "müssen die Fingerabdrücke von allen Menschen nehmen, die sich bei ihnen melden, und die Daten mit dem Zentralregister abgleichen". Das Bamf selbst behandle inzwischen alle Flüchtlinge erkennungsdienstlich und gleiche die Fingerabdrücke mit den Sicherheitsbehörden ab. Dadurch könne ihr Haus "heute Mehrfachidentitäten im Asylverfahren ausschließen".

Bisher gibt es drei Behörden, die Fingerabdrücke von Flüchtlingen nehmen und speichern. Da ist die Polizei, zu der viele Asylsuchende nach dem Grenzübertritt Kontakt haben. Zeigen sie keinen Pass vor, wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen illegalen Grenzübertritts eingeleitet, inklusive Abnahme der Fingerprints. Dasselbe dann wieder in der Erstaufnahmeeinrichtung. In Oberbayern etwa, wo viele Flüchtlinge deutschen Boden betreten, übernimmt dies die Bezirksregierung. Ein drittes Mal werden die Fingerabdrücke dann registriert, wenn der Flüchtling seinen Asylantrag beim Bamf stellt. Auf diese Weise will man nicht nur Doppelregistrierungen verhindern, sondern durch Abgleich mit der europäischen Datenbank Eurodac auch prüfen, ob ein Flüchtling schon in einem anderen europäischen Land Asyl beantragt hat.

Laut Bamf sind inzwischen alle Flüchtlinge biometrisch registriert. Bisher hat das Bundesamt nicht mitgeteilt, wie das erweiterte Prüfsystem funktionieren soll, auch nicht, in welcher Größenordnung sich der angebliche Sozialbetrug bewege. Im übergeordneten Bundesinnenministerium dagegen ist man bemüht, den Cordt-Vorstoß einzuordnen und zu relativieren. Seit vor einem Jahr das Datenaustauschverbesserungsgesetz in Kraft trat und neu ankommende Flüchtlinge mit einem ausweisartigen Papier namens "Ankunftsnachweis" ausgestattet sind, sei die Überprüfung der Identitäten sehr gut möglich. Für Betrug bedürfe es großer krimineller Energie. Dank diesem Papier hätten die Kommunen jetzt schon Zugriff auf die im Zentralsystem hinterlegten Daten. Die zuletzt diskutierten Fälle von Sozialbetrug stammten aus Zeiten, als dies noch nicht möglich war, sagt eine Ministeriumssprecherin und erklärt, was sich Cordt wünsche: Dass alle Ausländerämter mit Hard- und Software ausgestattet werden, um auch Fingerabdrücke zu prüfen und das System noch sicherer zu machen.

Beim Deutschen Städtetag aber ist man nicht sonderlich begeistert von der Bamf-Forderung: "Erneut flächendeckend von Flüchtlingen Fingerabdrücke zu nehmen, um Leistungsmissbrauch zu verhindern, wäre ganz unverhältnismäßig und würde keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn versprechen", sagt Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: