Migration:Asylsuchende haben immer geringere Aussicht auf Erfolg

Flüchtlinge in Bayern im Transitzentrum Manching

Asylsuchende im Transitzentrum im bayerischen Manching: Flüchtlinge haben immer schlechtere Chancen, dauerhaft in Deutschland bleiben zu dürfen.

(Foto: dpa)
  • Für Flüchtlinge, die in Deutschland nach Schutz suchen, sinken die Erfolgsaussichten.
  • Die Gesamtschutzquote sank im ersten Quartal 2018 auf rund 32 Prozent - 2017 lag sie insgesamt noch bei 43 Prozent.
  • Der Berg der bei Asylanträgen anhängigen Gerichtsverfahren ist konstant hoch.

Von Bernd Kastner

Die Erfolgsaussichten von Flüchtlingen, in Deutschland Schutz zu bekommen, sinken weiter. Lag die Gesamtschutzquote im gesamten Jahr 2017 noch bei 43 Prozent, sank sie im ersten Quartal 2018 auf rund 32 Prozent. Auf diesem Niveau blieb sie auch im ganzen ersten Halbjahr, wie das Bundesinnenministerium am Dienstag bekannt gab. Etwas höher ist die bereinigte Quote, die nur inhaltliche Entscheidungen des Asylbundesamtes (Bamf) berücksichtigt, aber keine formellen Entscheidungen. Sie lag in den ersten drei Monaten bei 46 Prozent.

Von den Gerichten wurde etwa jeder dritte ablehnende Bescheid, über den im ersten Quartal inhaltlich entschieden wurde, zugunsten der Flüchtlinge korrigiert. Afghanen hatten sogar in fast 60 Prozent dieser Fälle Erfolg. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

"Enorm hoch" sei bei Afghanen die Fehlerquote, kritisiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linken. Dies decke sich mit Berichten "über unzureichende Anhörungen und unpassende Textbausteine". Seit kurzem schiebt Deutschland auch solche abgelehnten Flüchtlinge nach Afghanistan ab, die nicht als Straftäter, Gefährder oder "hartnäckige Identitätsverweigerer" gelten.

366 000 Flüchtlinge warten auf eine Gerichtsentscheidung

Der Berg der anhängigen Gerichtsverfahren ist konstant hoch: Zwar wurden im ersten Quartal 43 500 Verfahren entschieden, allerdings kamen 45 000 neue hinzu, so dass jetzt 366 000 Flüchtlinge auf eine Gerichtsentscheidung warten. Solch ein Verfahren dauert im Schnitt elf Monate und damit deutlich länger als 2017, als es 7,8 Monate waren.

Seit Wochen beschäftigen mutmaßliche Unregelmäßigkeiten in der Bamf-Außenstelle Bremen die Republik, wo übermäßig viele Flüchtlinge Schutz bekommen haben sollen. Die Zahlen aus dem ersten Quartal 2018 zeigen, dass die Hansestadt, gemessen an der bereinigten Schutzquote, nicht der einzige statistische Ausreißer ist. Während bundesweit 48 Prozent der Afghanen Schutz erhielten, waren es bei Entscheidungen in den Brandenburger Bamf-Filialen nur rund 33, in Mecklenburg-Vorpommern aber 81 Prozent. Türken erhielten bundesweit in knapp der Hälfte aller Fälle Schutz - in Niedersachsen waren es rund 36, in Hessen dagegen 69 Prozent. Noch größer ist die Spannbreite, wenn man für das gesamte vergangene Jahr die einzelnen Filialen betrachtet. Bei Afghanistan etwa liegt sie zwischen 20 (Bad Berleburg) und 90 Prozent (Ingelheim/Bingen).

Das Bamf prüft inzwischen zehn Filialen, deren Quoten um mehr als zehn Prozent von einem Referenzwert abweichen. Das Innenministerium verweist als Erklärung für die Bandbreite auf die bisweilen zufällige Verteilung von Flüchtlingen auf einzelne Bundesländer: Wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt eine größere Gruppe von Flüchtlingen mit einem bestimmten Schutzgrund in ein Bundesland komme, könne sich dies auf die Statistik auswirken. Solche Erklärungen überzeugen die Linken nicht, die diese unterschiedlichen Quoten schon lange problematisieren, bis vor Kurzem aber kaum Gehör fanden. "Es kann nicht sein", sagt Jelpke, "dass es vom Standort der Bamf-Behörde abhängt, ob Geflüchtete einen Schutzstatus erhalten oder nicht."

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